Immer perfekt sein müssen? Macht nicht glücklich. Bewusst versagen auch nicht. Aber Fehler bringen weiter. Warum man mehr Mut zum Scheitern haben sollte.
Kann man eigentlich an einem Text übers Scheitern scheitern?
Du musst perfekt sein. Am ersten Arbeitstag schon alle Abläufe antizipieren. Beim Date verständnisvoller sensibel-aber-bitte-nicht-zu-sensibler-Abenteurer-Model-Prinz sein. Sixpack haben und guter Zuhörer sein. Prüfungen im Vorbeigehen meistern. Nur: keine Schwäche zeigen. Sonst wirst du schnell ersetzt. Versagen, scheitern, Fehler machen: Am Ende steht meist eine Gemeinsamkeit. Konsequenzen. Um die kommt man nicht rum. Auch wenn die dann schmerzhafter sind als 2 Stunden Bachelor-Dialoge am Stück – man hat eine Wahl. Man kann sie hassen, vor ihnen wegrennen – oder ihnen ins Gesicht lächeln.
Jetzt ist Lächeln nicht unbedingt mein Stichwort. Aber weil die Angst, Fehler zu machen doch leider regelmäßig an der mentalen Tür klingelt, trainiere ich mir an, mal selbstbewusst aufzumachen. Wenn auch mit Resting Bitch Face.
Big Bang Fehler Theorie
Das fängt klein an. Kundengespräch. Am besten noch auf Englisch. Und dann findet man nicht die richtigen Wörter. Wie in der Schulzeit hämmert auch jetzt vor Meetings oder Präsentationen der Unsicherheits-Sheldon am Kopf. Nur kein Blackout. Nur kein Blackout. Nur kein Blackout.
Bei Dates versucht man so sehr, keine Schwächen zu zeigen, weil bei kleinsten Mängeln schon der nächste der zehn anderen Kandidaten im digitalen Wartezimmer aufgerufen wird. Und wenns dann nach drei Treffen scheitert, weiß man meistens noch nicht mal warum. Oder stellt euch die Situation im Bewerbungsgespräch vor. Und das bange Warten auf ein Update danach. Wenn denn eins kommt. Und Scheitern, ohne zu wissen warum, ist dann auch die mieseste Art.
Schon Star Wars ehrt den Fehler
Irgendwie hängen ja alle Sätze im Versagen-Kosmos mit müssen oder nicht dürfen zusammen. Vorschriften, Bedingungen, Warnungen. Vermeide das … Auf sowas stehen sie gar nicht …. Darauf achtet xy besonders … Pass auf, sonst … Ja, was eigentlich? Geht die Welt unter? Muss ich mich schämen? Weil man Erwartungen nicht erfüllt hat? Wessen Erwartungen? Ganz ehrlich: Wofür der ganze Stress eigentlich?
„Der größte Lehrer versagen ist“. Meister Yoda, der Weisheit ja mit der ganz großen Schaufel inhaliert hat, kann nicht irren. Fehler machen ist cool. Sich nur euphorisch der All-Inclusive-Fehler-Flatrate hingeben ist aber nicht zielführend. Man muss bereit sein zu tun, was die Coolen in der Schule gern vernachlässigt haben: zu lernen. Da gehört Kritik annehmen genauso dazu wie mal über den eigenen Schatten zu springen. Nicht die größten Hits in den Beliebtheits-Charts, ich weiß.
Bewusst scheitern ist selbstbewusst
Wenn man selbstbewusst auf wartende Situationen zuläuft, macht es die nicht einfacher, aber das Ergebnis bekommt verträgliche Nebenwirkungen. Dann ergibt der ungeplante steinige Umweg im Nachhinein auf einmal Sinn. Ein Korb führt zum Picknick mit der Richtigen. Oder eine Absage zum Traumjob. Weil man aus den Gesprächen gelernt hat. Im Job bin ich (ab und an) sogar froh, wenn Texte oder Layouts komplett umgewälzt werden oder der Dreh angepasst wird, weil man nur so wieder neu lernt, Geschichten besser zu erzählen.
Pitch unperfect
Und: Ich will gar nicht in allem perfekt sein. Oder mir für alles eine Urkunde übers Bett hängen können. Das würde bedeuten sich 24/7 diesem Gedanken unterzuordnen. Ich wäre einfach eine stets bemühte makellos glatte Linie. Will ich aber nicht. Lieber eine leicht chaotische verknickte Nokia-Gedächtnis-Spiel-Snake-Spur, die irgendwann mit Ansage aufprallt – und einfach wieder von vorne startet. #makemistakesgreatagain. Oder so. Heißt natürlich umgekehrt auch: Die von anderen auch akzeptieren.
Zurück zur Anfangsfrage: Hab ich mich jetzt gescheiter gescheitert? Oder hab im Deep Talk versagt? Keine Ahnung. Aber der Text war kein Fehler. Und falls doch – ihr wisst schon.
© Fanoona