
David Klenert hat richtig geile Spaßmacher im Keller. Glücklicherweise interpretiert er feucht-fröhliche Unterhaltung seriöser und vor allem geschmackvoller als die kitschigen Romane. Seine Leidenschaft: Wein. Die sind so unkompliziert und unterhaltsam wie der Winzer selbst. Warum ihr euch die Gute-Laune-Obstsalate in die Hausbar holen solltet, lest ihr hier.

“Bevor der Hals trocke wird, erstmal einen Schluck nehme – beim ganze Schwätze darf man ja’s trinke net vergessen” (* badischen Dialekt vorstellen)
Hand auf Herz: Langweilt euch der Einheitsbrei bei Sport Interviews – hauptsächlich Fußballern – auch so? Wo sind die echten Typen? Die Goschenkicker, die mal sagen, was sie denken? Die mal frei von der Leber weg reden? Stichwort Leber – nur Richtung hinwärts: Das ist das Spielfeld von David Klenert. Dem jungen Winzer aus dem Kraichgau sieht man die Begeisterung für seinen Beruf sofort an. Dabei sitzt er rund 300 Kilometer entfernt in Münzesheim vor einer Kamera. David veranstaltet seit Kurzem regelmäßig Online-Wein-Verkostungen. Wenn die Gäste nicht zu ihm kommen können, stream er sich einfach mit Witz, Charme und Obstsalat-Wissen in ihr Wohnzimmer oder den Garten – wo ein WLAN ist, ist ein Wille ist ein Wein.
Klick! Gentlemens Journey zu Gast bei David Klenert’s Online-Weinprobe – der Abenteuer-Rückblick und Link zum Nachstreamen

Flaschenpost mit Ansage

Einfach mal so zwei Stunden in die Kamera sprechen war für David erstmal eine Herausforderung. “Ich habe Weinproben in einem Saal mit 80 Leuten gemacht. Da sieht man die Mimik, die Gesichter, die Reaktion. Aber digital – ich sehe nur die Kamera, und weiß: Die sehen aber alle dich, und da draußen schauen mehr als 1000 Menschen zu. Das war zu Beginn Überwindung.” Allerdings nicht lange, denn David machte das Beste draus: Er blieb er selbst. Und redete frei badischer Schnauze über seine Weine, seinen Weg zum Winzer, seine Idee. Die Bühne teilt er sich mit jeweils sechs verschiedenen Weinen aus seinem Portfolio, die man sich im Vorfeld als Pakte zuschicken lassen kann. Dazu noch ein Stapel Karten mit Zuschauerfragen, die David Klenert im Laufe des Streams von ehrlich über fachwissend bis süffisant beantwortet. Betreutes Trinken mit Bildungsauftrag – find ich gut!

Wein ist keine Gedicht-Interpretation
Natürlich hätten immer wieder Zuschauer Verbesserungsvorschläge, erzählt David, und muss lachen. “Das ist ja wie beim Fußball: Die besten Experten stehen immer außerhalb des Platzes. Alle wissen wie es sich gehört. Das ist aber nicht meine Wein-Spielphilosophie. Ich will das Unkomplizierte vermitteln, den Leuten den Zugang zum Wein auf eine relaxte, nahbare Art anbieten. Denn früher wurde das viel zu hochstilisiert. Wein wurde immer verkopft und abgehoben präsentiert, und damit hat man viele Kunden gleich zu Beginn vergrault”, erklärt er. Sich drei Stunden über einen Wein zu unterhalten, darauf hätte er gar keine Lust, sagt der Winzer, und schiebt direkt hinterher: “Wein muss schmecken, und dann ist gut. Man muss den Menschen diese Angst nehmen, dass Wein ein Wettbewerb sei und man beim Aromen-Bingo immer die Höchstpunktzahl braucht”.
Genau das ist es auch, was mich immer unfreiwillig amüsiert, wenn Experten sich mit Aussagen nach kandiertem Südsee-Pfirsich und frischem Asphalt in ganz neue Sphären verdegustieren. Kennengelernt hab ich die Weine von David Klenert in meiner Lieblingsbar hier in München, dem Weinheim. Die Gastgeber beschreiben ihre Weine auf der Karte nur mit Hashtags. #fruchtig, #spaßimglas, #puresobst steht dann da. Und bitte: Das reicht doch, um neugierig zu werden. Macht der erste Wein Spaß, schaut man, ob noch mehr von diesem Winzer am Start ist. Und zack – möchte man die Gute-Laune-Flaschenpost auch zu Hause haben.

Ich will Grauburgunder probieren, ich will Grauburgunder probieren … und bei dem hier sitzt man freiwillig nach. Der Weisswein von David ist kein “Ich-will-Fame-und-Aufmerksamkeit”-Bad Boy, kein Mitläufer der allen schmecken will.

Der Grauburgunder ist ein lässiger Wein, der sich was traut, der sich selbst nicht zu ernst nimmt. Wer auf gelbe Früchtchen steht (sorry, Bart) macht mit dem leicht cremigen Weisswein nix falsch. Als ob Honigmelone oder Mirabelle mal ganz sanft und frisch anklopfen. Nice.

Man muss schon mehrere Weine küssen, um den Flaschen-Prinz zu finden
Es gäbe kein richtig und falsch, stimmt David zu. “Viele Leute aus der tieferen Weinszene haben bemäkelt, dass ich auf die Weine nicht en detail eingehe, dass ich keinen Früchtekorb runterbete. Mein Professor im Studium konnte auch aus einem Glas eine halbe Stunde erzählen, was er alles riechen kann. Aber das interessiert doch den Großteil nicht. Das wird auch für viele schnell überfordernd. Ich bin der Typ: Die drei Aromen, die mir zuerst in den Sinn kommen, die stelle ich vor. Den Rest schlucke ich.”

Es geht nicht um Anerkennung, es geht um eine gute Zeit zusammen. Weinverkostungen sollen Spaß machen. Seinen persönlichen Geschmack zu finden, steht im Vordergrund. Und das ginge eben nur durch probieren, probieren, probieren, sagt David. “Sagt niemals: Ich habe keine Ahnung. Man kann ja auch überlegen, an was es mich erinnert. An ein Erlebnis wie einen Standspaziergang, ein besonderes Essen – egal. Genießen, auch mal schweigen, alles erlaubt.
Schweigen finde ich persönlich bei David’s Weinen etwas schwer, weil man die Begeisterung an ihnen ja teilen möchte. Egal ob Chardonnay, Weißwein Cuvée, Rosé oder Rotwein aus der Sorte Lemberger – die Weine sind wie ihr Winzer. Nicht aufgesetzt, sie wollen keine Show spielen, tragen kein unnötiges Make-Up, haben keine Allüren oder wollen nicht entschlüsselt werden. Sie sind ehrlich, nahbar und schenken Glasweise eine gute Zeit.

Mit einer meiner Lieblinge von David Klenert: Der Lemberger in meiner Lieblings-Weinbar. In der Weinheim-Weinkaufsliste (Klick!) hab ich euch den Rotwein schon vorgestellt. Ein unkomplizierter Rotwein, der aber ordentlich Pfeffer und Würze gibt. Kurz: richtig geiler Gesprächs-Stoff!
Mutprobe: einen Obstsalat puzzeln
Ebenso spannend ist die Frage: Wie tickt eigentlich die Person hinter einem Produkt. Und: Warum macht man diesen Job? Für David schnell benatwortet. “Weil’s der geilste Job der Welt für mich ist”, erklärt der Winzer mit ungebremsten Elan. Arbeiten in und mit der Natur, Abwechslung, er macht keine 2 Wochen am Stück die gleiche Arbeit. “Mein Großvater war Winzer, das Talent habe ich sprichwörtlich in die Wiege gelegt bekommen. Ich bin einfach gerne draußen – war in den Ferien und auch Samstags oft mit auf dem Feld. Seitdem ich 14 Jahre alt war, war klar: Ich werde Winzer.” Ein Betrieb innerhalb der Familie stand für eine Übernahme aber nicht zur Verfügung. David hatte null Startchancen. Doch er wollte den Weg gehen.
Selbstständigmachen mit einem Weingut: Ob es Momente der Angst gab? Natürlich. “Bevor ich 2015 den finalen Schritt wagte, besuchte ich jüngere Weingüter um zu lernen, ihre Sichtweisen zu verstehen. Einer der Winzer brachte mir einen Spruch bei, der mir bis heute im Kopf geblieben ist. “David, beachte einfach: 2 Drittel Mut, ein Drittel Angst davor. Das ist das richtige Mischungsverhältnis.” Er hatte Recht. Angst lähmt. Wenn du zu viel Angst hast, bist du blockiert und kannst das, was du tun willst, nie richtig machen. Wenn du aber gar keine Angst beziehungsweise Respekt mehr vor der Sache hast, wirst du größenwahnsinnig und verrennt dich. Man muss neue Dinge immer mit nötigem Respekt angehen. Es gibt immer Risiken. Gerade finanziell. Erst seit 2015. Mit 25. Muss man sich mal vorstellen. In der Zeit solche Weine abzuliefern – brutale Ablieferung. Rund 13 Hektar Rebfläche in der Umgebung von Münzesheim bewirtschaften David und seine Frau Eva, auf verschiedenen Lagen mit unterschiedlichen Böden, von Lösslehm bis Keuper.
Es selbst in der Hand zu haben, genau das reizt David Klenert. “Mich fasziniert die Schaffung eines geilen Endprodukts. Ich habe so viel in der eigenen Hand, kann bestimmen und beeinflussen, wie dieses Produkt wird. Wein ist wie ein riesiges Puzzlespiel – am Ende muss ein schönes Bild dabei herauskommen. Jeder Schritt muss sitzen. Ernte, Verarbeitung, Gärung, Lagerung. Wenn da ein Puzzleteil krumm wird, wird das ganze Bild schief. Und das schmeckt niemand.”

Reb- und redselig: David Klenert liebt seinen Job. So ehrlich-relaxt und lockerflockig wie der Winzer sind auch seine Weine.

Während der Online-Weinprobe sieht David das Publikum nicht – nur die Kamera (vorne links). Schon eine Kunst, die Glas-Füllung unterhaltsam rüberzubringen.
Verführung auf der Zunge
Stichwort intensiv: Ein besonders verführerischer Spaßmacher solle in Kürze aus dem Keller gezaubert werden, verrät David. Er hat die älteste Cabernet Sauvignon Rebanlage im Kraichgau übernehmen können. In den vergangenen 30 Jahren wurde daraus allerdings meist nur Saft. Jetzt hat er an ein paar Stellschrauben gedreht und wird daraus eine Rotwein-Cuvée namens Black Label streicheln, die eine richtige Zungen-Verwöhnung werden soll.
Kein Wunder, dem quirligen Baden-Württemberger wird nämlich schnell langweilig. Im Urlaub einfach nur relaxen? Malediven? “Nach zwei Tagen am Meer würde ich brodeln und müsste etwas machen.” Man fühlt auch direkt mit – denn puzzeln könnte David im Urlaub dann nur auf die trockene Art.

Mehr Infos:
Online-Weinprobe zum Nachstreamen
Wer mal einen Eindruck bekommen möchte, wie ein digitales Tasting mit David Klenert abläuft, kann sich alle bisherigen Events ganz bequem von zu Hause aus streamen – einfach hier zum Youtube Kanal klicken. Mehr Spaß macht’s natürlich, wenn man aktiv mitmachen kann. dazu einfach auf klenert-wein.de/online-weinprobe die Termine für die kommenden Veranstaltungen checken (die Online-Tastings sind immer Samstags) und David spätestens Montag eine Mail schreiben oder anrufen. Dann macht sich ein Paket auf den Weg (das besteht immer aus 6 verschiedenen Weinen für zusammen super faire 60 Euro) und ist rechtzeitig bei euch im Wohnzimmer, bevor digital angestoßen wird.