Heitlinger Natural Wines Kollektion: ungeschminkter Glas-Spaß

Heitlinger Natural Wines Kollektion: ungeschminkter Glas-Spaß

Unfiltriert, unkonventionell, erfrischend anders: Patrick und Philip Jacklin vom Weingut Heitlinger legen mit der Heitlinger Natural Wines Kollektion ein Trio aus Naturweinen auf, das mich gerade wegen seiner Ecken und Kanten neugierig gemacht hat. Wie die Köpfe hinter den Weinen ticken und wie diese drei unkonventionellen Obstsalate schmecken, lest ihr hier. 



In Zeiten von Apps wie Facetune oder Social Media Filtern, die aus dir fast einen anderen Menschen machen, schmeckt mir persönlich die ungeschminkte Wahrheit immer noch am besten. Auch bei Wein. Ich mag es, wenn man eine persönliche Handschrift erkennt, und die Nase nicht von Mainstream-Parfum Schachmatt gesetzt wird. Stichwort ungeschminkt: Patrick und Philip Jacklin vom Weingut Heitlinger haben noch mehr U’s gekauft und werfen noch unfiltriert und unangepasst in die Runde. Das Ergebnis: eine Natural Wines Kollektion, gehüllt in einen erfrischenden Streetstyle-Dresscode von Künstlerin Laura Schröder. Catwalk ready sind Muskateller 2022, Meunier 2022 und Müller-Thurgau 2022. Naturweine mit Ecken und Kanten? Da wurde ich neugierig wie eine Elster wenn’s funkelt und hab mir mal alle 3 Flaschen stibitzt. Wie die Köpfe hinter den Weinen ticken und wie diese drei unkonventionellen Obstsalate schmecken, lest ihr hier. 



„Unser Motto bei den Weinen war ganz einfach: Unfiltered, unbothered, untouched“, sagt Patrick Jacklin vom Weingut Heitlinger. „Oder wie man bei uns sagt: Einfach annerschd!“ Recht hat er. Ich muss zugeben: Mit Naturweinen hatte ich bis jetzt noch wirklich wenig Kontakt, gut, eine Orangewine-Erfahrung, die nicht gut in Erinnerung blieb. Aber was ich bei Wein gelernt habe – und gerne anderen neugierigen Einsteigern nur empfehlen kann – ist sich immer völlig unvoreingenommen auf das Abenteuer einzulassen. Und am besten auch gemeinsam zu verkosten. So eine zweite Meinung kann nochmal neue Perspektiven geben, und es macht auch mehr Laune. Bevor wir aber richtig tief ins Glas schauen, hab ich den Reben-DJs hinter dem Naturwein-Trio erst einmal ein paar Fragen zum warum, wieso und weshalb stellen dürfen – und sie verraten, was ihr Motto für Weinsteiger ist.


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Kunterbuntes Trio: Die bunten Labels der Heitlinger Natural Wine Kollektion hat Künstlerin Laura Schröder („Laura the Creator“) in ihrem urbanen Stil gestaltet.



Heitlinger Natural Wine Kollektion: Patrick und Philip Jacklin vom Weingut Heitlinger im Interview


Anderschd halt. Woher kommt der Mut, gegen den sicheren Wein-Mainstream zu arbeiten und wie wird er belohnt? 

Philip Jacklin: „Wir haben ein junges Team, das Wein liebt. Wir verkosten gerne gemeinsam Weine aus der ganzen Welt. Rot. Weiss. Rosé. Orange. Biodynamisch. Natural. Hauptsache gut! Wir sind im Keller experimentierfreudig und probieren immer wieder verrückte Ideen aus. Mit unserer 2022er Natural Wine Kollektion waren wir so happy, dass wir sie in den Verkauf gegeben haben. Mit großem Erfolg. Unser „Mut“ wurde durch das positive Feedback unserer Kunden belohnt!“

Für Einsteiger kurz easy erklärt: Was bedeutet Natürlichkeit bei Wein? Was unterscheidet die von den Mainstream-(Supermarkt)weinen?

Philip Jacklin: „Die Bezeichnung „Naturwein“ ist aus unserer Sicht relativ missverständlich, denn schließlich kommt Wein in der Natur so nicht vor. Es ist ein handwerklich erzeugtes Produkt aus einem natürlichen Rohstoff: der Traube. Ganz ähnlich ist es beim Käse. Unter „Natural Wine“ oder „Raw Wine“ verstehen wir einen biodynamischen Wein, der im Keller nach einem minimalinvasiven „Hands-off“ Grundsatz „entstanden“ ist. Spontanvergoren, ungeschönt, ungeschwefelt – einfach roh auf die Flasche gefüllt. Aufregend, kantig und charakterstark wie ein Rohdiamant!“    


Bringen die von Natur aus inspirierenden Weine ins Glas: Patrick und Philip Jacklin vom Weingut Heitlinger in Baden.


Wie macht man die ungeschminkte Wein-Wahrheit geschmackvoll? Ab wann kann man den Geschmack steuern, bis wann kann man eingreifen und seine Handschrift reinbringen? 

Patrick Jacklin: „Mit dem Wein ist es wie beim Essen, wenn ich eine Zutat roh und ungewürzt servieren möchte, ist es noch wichtiger, dass ich die beste Qualität nehme. Die Basis eines jeden Weines wird folglich im Weinberg gelegt. Die eigene Handschrift kann man natürlich im gesamten Entstehungsprozess eines Weines einbringen – vom Rebschnitt bis zur Auswahl des Verschlusses. Jede Entscheidung, die ich als Winzer treffe, wirkt sich auf das Endprodukt aus: Entblätterung, Erntezeitpunkt, Maischestandzeit und viele mehr.“

Worin liegt für euch der Reiz eures Berufs? Und: Worin liegt für euch die Faszination Wein? 

Patrick Jacklin: „Wir haben pro Jahr nur eine Weinlese, einen Versuch! Die Qualität und Quantität der Ernte hängt nur bedingt davon ab, wie hart wir arbeiten. Ein Hagelsturm im August kann die Arbeit eines ganzen Jahres innerhalb von Minuten zerstören. Die Abhängigkeit von äußeren Faktoren lehrt uns Demut, denn die Natur stellt uns immer wieder vor neue Herausforderungen, die wir meistern müssen. Jeder Jahrgang ist anders und Du lernst jedes Jahr damit umzugehen. Das ist aufregend!“



Muss Wein mal ein paar alte Gewohnheiten ablegen, um zeitgemäß zu bleiben? Und: wie rebellisch darf man bei Wein sein? 

Philip Jacklin: „Wein ist keine Mode-Erscheinung sondern ein Kulturgut. Es geht für uns nicht darum, ein zeitgemäßes Produkt zu kreieren, was morgen wieder „out“ ist. Wir treffen als Winzer häufig langfristige Entscheidungen, die auch noch die nächste Generation beeinflussen werden. Menschen trinken seit Jahrtausenden Wein und tun es nach wie vor mit großer Leidenschaft. Vor allem Natural Weine sind kein neues Phänomen. Vielmehr ist der Herstellungsprozess eine Rückbesinnung auf alte Tugenden. Wir bemerken ja auch in anderen Disziplinen, dass unsere Vorfahren bei manchen Dingen besser Bescheid wussten, auf was es wirklich ankommt. Meine Oma kocht mit ihrer gusseisernen Pfanne besser als ich mit einem Sous-vide Garer, dem neusten Keramikbrenner und Grillthermometer. Warum? Weil sie ihr Gericht und ihre Fähigkeiten kennt. Sie steht mit einer tiefen Gelassenheit und einem hohen Vertrauen an sich selbst am Herd. Wir wollen von dieser Gelassenheit lernen. Auch wenn wir im Team zum Großteil jung und experimentierfreudig sind, hören wir durchaus auf die erfahrenen Stimmen der Vernunft.“

Geht die neue / gehen die neuen Generation anders an Wein heran? 

Patrick Jacklin: „Sicherlich. Unsere Generation ist herausragend ausgebildet. Zudem profitieren wir von dem, was unsere Eltern und Großeltern aufgebaut haben. Wir verfügen über andere Möglichkeiten und Voraussetzungen. Dennoch gilt: wir können die Natur nicht steuern. Als Winzer hat man höchstens 50 Versuche im Leben und muss dann möglichst viel Wissen an die nächste Generation weitergeben. Wenn wir heute mit einem gewissen Urvertrauen arbeiten können, liegt das daran, dass die Generation vor uns dieses Vertrauen erarbeitet hat.“

Laura hat die charming Labels gestaltet. Wie wichtig ist euch der Flaschen-Dresscode a la Etikett? Wie rebellisch oder eigenständig darf man da sein?

Philip Jacklin: „Bei den Etiketten waren uns zwei Dinge wichtig: Einerseits wollten wir die Erkennbarkeit des Heitlinger-Logos beibehalten. Andererseits sollten Kunden direkt erkennen, dass es sich in diesem Fall nicht um einen „normalen“ Heitlinger-Wein handelt, sondern um etwas Spezielles. Dann haben wir zufällig Laura kennengelernt. Ursprünglich wollten wir ein Design in unterschiedlichen Farben für die ganze Kollektion. Laura schickte uns drei Vorschläge und wir konnten uns einfach nicht entscheiden. Somit gab es für die drei Weine auch drei individuelle Designs.“


Wein hat (leider) oft noch etwas elitäres, das viele neugierige Einsteiger erstmal abschreckt. Wie kann man Weinsteigern da die Angst nehmen, auch mal abseits der bekannten Wege zu probieren? 

Patrick Jacklin: „Ich weiß auch nicht woran es liegt, dass Wein zum Teil ein solches Image genießt. Der entscheidende Punkt ist immer der eigene Geschmack. Jeder kann binnen Sekunden entscheiden, ob ihm ein Gericht, eine Marmelade oder eine Limonade schmeckt. Nur beim Wein trauen sich viele keine eigene, öffentliche Meinung zu. Das ist völliger Quatsch. Wenn Dir ein Wein schmeckt, ist er gut für Dich. Wenn nicht, dann eben nicht. Völlig egal, was andere dazu sagen. Traue immer Deinem eigenen Geschmack!“



Die Heitlinger Natural Wine Kollektion im Gentlemens Journey Test


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© Gentlemens Journey

Heitlinger Natural Wine Kollektion: Müller Thurgau


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Reben-Rock’n’Roll, den man sich auf der Zunge zergehen lassen kann – der Müller Thurgau zeigt sich eckig, kantig, charakterstark und erfrischend.


Müller Thurgau ist so eine Rebsorte, die bei mir lange unter dem Radar flog. Weil das Zeug, mit dem man als Anfänger im Supermarkt oder im unteren einstelligen Bereich eher geschmacksneutrale Massenware ohne Seele ist. Erst durch Wein-Journeys in Südtirol habe ich entdeckt, was die Sorte eigentlich für Power, Crispyness und Charme hat, wenn handwerk dahinter steckt. Deswegen war ich auf die ungeschminkte Müller-Wahrheit im Glas von den Heitlingers echt gespannt. „Unserer Meinung nach gibt es wenige Rebsorten, die so vom „Nichtstun“ profitieren, wie Müller-Thurgau. Drei Tage auf der Maische, Presse, großes Holzfass und Hefekontakt. Und dann erstmal: Hands-off“, sagt Philip Jacklin. Nach einem halben Jahr Reifezeit wurde der Wein mit Trübung auf die Flasche gefüllt. „Trinkfluss sollte der Name dieses Weines sein. Salzzitrone, Nussigkeit, frische Kräuter – mehr braucht es nicht, um das Winzerherz glücklich zu machen!“ Und das kann ich nur so unterschreiben – auch für das Herz aller Wein-Entdecker.


Ein Musterbeispiel für ungewöhnlichen, aber dadurch echt neugierig machenden Wein.

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Ja: Man muss sich drauf einlassen. Mal eine schöne Nase nehmen. Man darf irritiert sein, verwundert sein, neugieriger werden. Und dann einfach mal diesen saftigen Soundtrack inhalieren. Der riecht linonadig, sehr animierend. Der erste Schluck: erst mild, dann schöne Säure. Ein juicy Obstkorb, Apfel, Zitrone, leichte herbe Noten – es knirscht und knistert, während der Erfrischungszug mit Plottwists durch die Gaumenschienen cruist. Man muss es sagen: Schmeckt so viel besser als der erste Geruch. Ihr ahnt es: Bremsen hat der Müller aus der Heitlinger Natural Wine Kollektion nicht im Tinderprofil stehen. Und das alles für handwerklich mehr als faire 14 Euro. Wer da kein Ticket zieht, verpasst was.

Heitlinger Natural Wine Kollektion Müller Thurgau, Preis: 14 Euro, über shop.weingut-heitlinger.de



Heitlinger Natural Wine Kollektion: Muskateller


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So ungewohnt eigenwillig Facettenreich, dass man von der natürlichen Erfrischung schnell mehr will: der Muskateller war unser Favorit.


Hocharomatisch, mit der unverwechselbaren Muskatnote: Jo, an Muskateller können sich die Geister scheiden. „Die Rebsorte hat einen Hang zum „opulent Kitschigen“. Um dem Wein mehr Grip zu verleihen, haben wir einfach zehn Prozent der Trauben mit in den Tank gegeben“, sagt Philip Jacklin. Das Ergebnis: Der Muskateller hat seine Opulenz verloren. „Zupackender Grip und trotzdem noch floral, animierend und nicht sättigend. Das macht richtig Spaß!“ Ich geh noch weiter: Das Ding hier nimmt eure Wein-Macke mit auf den Jahrmarkt und ganz große Karussellfahrt. Die erste Nase erinnert mich an Morgentau, Wiese, Kamille, Vanille – mild, aber wild, ungewöhnlich, es reizt, tiefer einzusteigen.


Ungeschminkter Obstkorb, voll aber elegant auf die 12: Der Muskateller aus der Heitlinger Natural Wine Kollektion macht richtig Laune.

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Der erste Schluck erinnert an elegante, crispy Limonade. Ganz ehrlich: Wir hatten beide sofort die Assoziation Almdudler mit Prise Limette. Juicy, frech, gleichzeitig nonchalant elegant, mit dieser Kräuter-Note – eine Kombination, die sofort sagt: Hey, ich bin alles, nur nicht von der Stange. Aber ich lass die Aromen an selbiger tanzen. Ja: ein Wein, der eigen ist, grade darum aber so neugierig macht und anzieht. Man kann nur empfehlen, von dem Stoff direkt zwei, drei, vier Flaschen zu ordern, weil so schnell wie der Trinkwiderstand fällt, desto schnell steigen die Flirt-Signale auf, und glaubt mir: Beim Muskateller aus der Heitlinger Natural Wine Kollektion hat es deluxe geknistert.

Heitlinger Natural Wine Kollektion Muskateller, Preis: 14 Euro, über shop.weingut-heitlinger.de



Heitlinger Natural Wine Kollektion: Pinot Meunier


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Ungewöhnlich, eckig-kantig, gleichzeitig so unbeschwert fruchtig, dass jeder Schluck neugieriger macht: der Pinot Meunier.

Rot gilt ja nicht umsonst als Warnfarbe. Und bei dem Wein hier gingen bei mir alle Alarmglocken an – weil das Ding so ungewöhnlich-kompromisslos Flirt-Signale ausgesendet hat, und ich wusste, ich hab keine zweite Flasche davon im Keller. Der Natural Pinot Meunier aus der Natural Wines Kollektion des badischen VDP.Weinguts Heitlinger war eine zum Niederknien tasty Aufgabe jeglichen Trinkwiderstandes. Machen wir es kurz: Kein Vergleich zu classic Rosés, mehr ein Rotwein zum (sehr) kühl genießen.


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So hypnotisierend für die Zunge wie das Outfit fürs Auge: der Pinot Meunier aus der Heitlinger Nature Wine Kollektion.


Der Rosé hat nur kurz die Maische geküsst und fühlt sich an wie ein Zungenkuss aus purem Kirschsaft-Eis, das sich aber einen echt seriösen Dresscode übergeworfen hat. Ungewöhnlich, eckig-kantig, gleichzeitig so unbeschwert fruchtig, dass jeder Schluck neugieriger macht. Man möchte sich bremsen, um länger was davon zu haben, Problem an der Sache: der Meunier macht einen auf Frechdachs-Move und verzichtet auf jegliche Bremsung beim Wein-Atmen. Läuft genüsslich-flüssig-beerig. Für rund 14 Euro ist das erfrischend unkonventionelle Handwerkskunst, die man sich ruhig mal trauen darf einzuschenken. Quasi die Kirsche auf jeder flüssigen Obstsalat-Torte. Cheers!

Heitlinger Natural Wine Kollektion Pinot Meunier, Preis: 14 Euro, über shop.weingut-heitlinger.de



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