Fertig machen zur Landung. In München erwarten Sie leichter Nieselregen, um die 15 Grad und trotzdem sonnige Appetit-Aussichten: So könnte man sich die Ansage bildlich vorstellen, wenn man vor dem Eingang zum Mountain Hub Gourmet am Münchner Flughafen landet. Die Wein-Macke hab ich ja schon länger, und seit seit einigen Jahren noch die bewusstere Neugier auf Essen und Kochen dazukam, hält man natürlich die Augen noch weiter offen, wenn irgendwo neue, coole Restaurants oder Streetfood Konzepte auf der Bildfläche erscheinen. Noch besser, wenn es in der eigenen Stadt passiert. Zugegeben, den Flughafen, der in München eh etwas unfreundlich weit draußen liegt, hat man als spannende Food-Adresse (Entdeckt auch – französisch-kreolisch verreisen auf dem Teller im Makassar Restaurant München) erstmal nicht auf dem Schirm. Eher als Ort für was schnelles zum satt machen mit wenig Flavour aber viel Euro. Dass es sich aber lohnt, Vorurteile mal über Bord zu werfen, kurz die eigenen gedankliche Windschutzscheibe zu putzen und über seinen Schatten zu springen, erfahre ich in meiner persönlichen Gentlemens Journey ja immer wieder und bin dankbar dafür. Das gilt auch in dieser Restaurant-Entdeckung. Denn das Mountain Hub Gourmet, im hinteren Bereich des Restaurants des Hilton Hotels am Airport München, bietet echt unterhaltsame Kurztrips auf dem Teller, auf die man abfliegen kann. Was da so alles auf dem Flug-Menü steht, hab ich hungrig und investigativ mal im Praxistest recherchiert. Und was das Erlebnis besonders macht: rund eine Woche nach dem Besuch hat das Mountain Hub Gourmet seinen ersten Michelin-Stern erhalten. Wow.
Direkt vor dem Eingang zum Mountain Hub Gourmet Bereich wartet der erste Abenteuerspielplatz: Bonjour, Weinschrank.
Wenn es um Hotelzimmer oder Restaurants geht, bin ich einfach ein großer Freund von Wohlfühlambiente. Eine schöne Architektur, ein schönes Design: Ich mags gerne, wenn da eine smarte Idee fürs Auge dabei ist. Und halt eine Idee mit Hintergrund. Mir gibt das einfach nichts, wenn das heftigste Design am Start ist, der Raum aber einfach nur kalt und ohne Seele ist. Wenn man nachfolgend unten die Bilder der Gerichte im Hub anschaut, könnte man in Versuchung kommen, an viele Sterneküchen zu denken, bei denen man das Essen auf dem Teller sucht und sich fragt, wovon man da satt werden soll. Und bei mir: Auf welche Grundlage soll ich bitte meinen Wein betten? Aber auch wenn die Präsentation der Gerichte hier nicer ist als ich je in Power Point abliefern könnte, ist es gerade die authentische Gestaltung des kleinen Restaurantbereichs mit Farben und Elementen aus dem Gebirge – Holz, grüne Waldtöne, grau, cozy Materialien, oder als Highlight eine grau eingefärbte Butter im Kieselstein-Look – die das Ganze zu einem nahbaren Wohlfühl-Erlebnis machen. Checkt einfach nur mal das Bild mit dem eleganten Design-Kamin. Und ordentlich satt wird übrigens auch. Aber dazu gleich mehr.
Das Interior Design setzt auf Farben und Materialien, die die Bergwelt widerspiegeln. Waldgrüne Stühle, viel Holz, aber alles modern interpretiert, nicht abgehoben, sondern sehr cozy.
Neben der moosgrün eingerahmten Bar findet sich eine bepflanzte Wand. Ein schönes Spiel mit Kontrasten.
Platz nehmen bitte! Dann startet im Mountain Hub Gourmet München der Abflug durch die alpine Küche.
Mountain Hub Gourmet: die kulinarische Idee
Das Konzept „Mountain Hub“ kombiniert zwei eigentlich sehr unterschiedliche und gegensätzliche Themen: zum einen den internationalen, geschäftigen Flughafen München, zum anderen die Nähe zu den Alpen und das damit verbundene Freiheitsgefühl. Dem Team war es wichtig, diese zwei Faktoren in allen Facetten zu kombinieren und alles auf einen Teller zu bringen. Zusätzlich spielt auch das architektonische Ambiente eine große Rolle für das kulinarische Erlebnis des Gastes. Über 24 Monate war man mit der Konzeption beschäftigt, da unter der Brand Mountain Hub auch eine weiteres Restaurant, sowie der Hotel-Spa mit als Marke integriert wurde.
Man blickt sozusagen bei den Gerichten über den alpinen Tellerrand hinaus und lässt internationale Küchen-Vibes einfließen. Für Küchenchef Stefan Barnhusen liegt in der – für mich – ungewöhnlichen Location der besondere Reiz und auch Inspiration für neue kulinarische Abflüge: „Durch die besondere Lage am Flughafen inspiriert der tägliche Flughaftentrubel durch internationale Gäste sehr zu neuen Geschmäckern, ich hole aber durchaus selbst auf meinen eigenen Reisen sehr viel Inspiration. Die Vielfalt eines Menüs entsteht für mich nicht nur aus den hochwertigsten Grundprodukten, die sich uns bieten. Ich genieße die Freiheit, alle Techniken, egal ob modern oder klassisch, einzusetzen.”
Chefkoch Stefan Barnhusen komponiert auf seine unverwechselbare Art Geschmacks-Erlebnisse aus Aromen und Texturen. Immer den Kontrast fordernd. Zu jeder Komponente den Gegenpol suchend. Jedes Aroma in Szene setzend.
Der Fokus auf bewussten Genuss wird im Konzept gewürdigt. Es wird sehr viel auf Regionalität und Saisonalität geachtet, das beginnt schon bei der Auswahl der Lieferanten. Natürlich lebt diese Art von Küche von internationalen Komponenten, aber auch hier wird sehr akribisch darauf geachtet, dass die Produkte fair, nachhaltig und hochqualitativ bezogen werden. Die Auswahl würde im direkten Kontakt und Besuchen bei den Lieferanten getroffen, das ist auch sei Küchenteam besonders wichtig, verrät der Küchenchef. Da man im Mountain Hub Gourmet regional und saisonal unterwegs ist, wechselt die Karte einmal pro Saison. Für Wiederkehrende Gäste versuche man aber auch immer neue Kreationen zu entwickeln, sodass Abwechslung entstünde.
Spricht fließend Wein in mehreren Sprachen: Gastgeber Johannes Gahberger
Auch beim Wein ist eine klare Linie erkennbar: „Für uns ist es sehr wichtig, Weine zu fairen Preisen anbieten zu können. Diese müssen aber qualitativ auch so hochwertig sein, dass sie durchaus mit den namhaften Herstellern mithalten können. Auch hier liegt der Fokus auf die alpine Region – passend zum Konzept. Wer aber auf einen klassischen und altbekannten Wein zurückgreifen möchte, wird auch hier enttäuscht.“ Das kann ich nach seriöser Praxis-Recherche so unterschreiben, dazu aber mehr im nächsten Abschnitt. Beim fließend Wein sprechenden Gastgeber Johannes Gahberger ist die direkte, ehrliche Art auch ein Aushängeschild: „Authentizität spielt gerade heutzutage eine Schlüsselrolle. Das Allerwichtigste ist heute die emotionale Intelligenz die man benötigt, um die Bedürfnisse jedes einzelnen Gastes zu erfüllen. Dies hat auch sehr viel mit Recherche und Trainings zu tun. Vor allem aber kommt die österreichische Leichtigkeit durch: Gäste schätzen offenen und erfrischenden Service sehr.“
Mountain Hub Gourmet: Dinner-Tour durch den Alpenraum
Zur Geschmacksreise aufgetischt werden einige Gerichte aus dem rund 10-gängigen Hauptmenü. Je nachdem ob ihr manche kleine Vorspeisen einzeln zählt, könnte man auch auf 14 Gänge kommen, aber die Zahl ist doch Nebensache, der Geschmack zählt. Das komplette Menü könnt ihr euch hier anschauen. Man kann sich übrigens auch einzelne Gerichte auswählen, aber das Team hat sich mit der Abfolge schon was gedacht wie Choreographen eben mit ihren Moves, die zusammen dann eine Story ergeben. Ich konnte beim Blick auf die Karte unseres Abends direkt sehen, dass da einiges dabei ist, dass ich so noch nicht gegessen habe, weil es mich einschüchtert, beziehungsweise etwa die Makrele dabei war, mit der ich uncoole Erfahrungen gemacht habe. Gekostet hab ich am Ende alles, weil man sich erst eine Meinung bilden sollte, wenn man Dinge selbst (aus-)probiert hat. Das bedeutet auch mal über seinen Schatten springen, aber ich wurde auch belohnt.
Aromen-intensives Trio zu Beginn: links Kohlrabi und Petersilie, ein umhülltes Kalbstatar mit Kapern und eine filigrane Praline von der Makrele.
Transparenz auf dem Teller: Der Saibling aus bayerischen Gewässern mit Meerrettich und Kräuteremulsion.
Im Menü probiere ich auch einen Gang, der für Küchenchef Barnhusen zu den Gerichten gehört, an denen besonders lange gefeilt wurde, die eine Challenge waren, aber im Nachhinein eben auch besonders geworden sind. Sozusagen junge Klassiker der Karte, auf die man besonders stolz ist: “Der Saibling von der Fischzucht Birnbaum ist für mich so ein Gericht: Als Kugel eingesetzt außen Sashimi und innen gefüllt mit Tatar, dazu eine frische Kräuteremulsion und geeiste Meerrettichperlen, ein schöner frischer Gang zum Start in das Menü.“
Filigran, ehrlich, spannend und fein abgestimmt zeigt sich die Renke mit N25 Kaviar, Apfel und Sauerrahm als sehr flirtwilliger Partner für die treffende Wein-Wahl …
… einen Grünen Veltliner Federspiel vom Weingut F.X. Pichler. Fisch darf ja schwimmen, und der macht hier sehr freudig sein Seepferdchen.
Schon nach den ersten Gängen erkennt man ein Muster. Also nicht meins auf dem Strickpolo, sondern auf dem Teller. Die Produkt-Qualität steht ganz klar im Fokus, aber auch die charakteristischen Aromen zielstrebig rauszubringen wie Lewis Hamilton auf dem Formel-1-Kurs. Es knuspert, es knackt, es perlt, es erfrischt, smoothe Texturen wechseln sich ab mit schönem Crunch. Man spürt wie bei einem Beat von Ryan Leslie: da ist eine Idee dahinter, das ist mit Feinsinn durchkomponiert, es hat bewusst Ecken und Kanten und ist daher halt alles, nur eben kein Einheitsbrei. Dafür muss man kein Food-Junkie sein – bin ich ja auch nicht, sondern einfach nur neugierig – aber diese spannende Balance macht wirklich Laune. Wenn es was zum Meckern gibt, dann dass der Weg zum WC etwas weiter ausfällt, aber dafür kann die Küche nix, und es wurde auch sofort Wein mit richtiger Temperatur nachgeschenkt.
Der Skrei mit Aal, Sanddorn und Schwertmuschelsud vereint mehrere Fisch-Charaktere, kantig, mit Temperament, aber nie neben der Spur.
Die Taube mit Macadamia-Crunch und einer echt grandiose Jus war so ein Gericht, bei dem ich kurz gezuckt habe. Noch nie gegessen. Und: Taube? Also ja, schon gesehen auf Netflix Chef’s Table, dass das Produkt in der Sterneküche gefragt ist, aber halt selbst auf dem Teller … Machen wirs kurz: das war eine Punktlandung mit einem so weichen Anflug, das Spiel mit Texturen und Aromen auch hier echt spannend und klasse umgesetzt. Weich, crispy, intensiv fruchtige Sauce, butterzartes Fleisch, und vor allem: faire Portion. Man muss keine Angst haben, nicht satt zu werden. Sieht nach Kunstwerk aus, füllt aber bodenständig. Dazu mit einem Totwein aus der Cinsault Traube ein Obstsalat, den ich so noch nicht kannte, der mit unaufgeregt-leichter, aber classy, elegant-dunkelfruchtigen Art die Taube sehr Gentleman-like an die Hand, oh sorry, den Flügel genommen und wunderbar getragen hat.
Nicht nur optisch ein Treffer: das Dessert aus Kokos, Shiso und Blutorange.
Allein auf die echt mit Augenmerk ausgesuchte Wein-Auswahl – inklusive auch mal ungewohnter Paarung – darf man anstoßen.
Im Mountain Hub Gourmet kann man die Bordkarte gegen eine spannende Speisekarte tauschen.
Mir hat gefallen, wie es hier ausgehend von innovativer Alpenküche auf Reise quer durch die Welt geht – nicht abgehoben, sondern mitreißend. Dabei hat mich das Spiel mit Texturen – cremig, crunchig, crispy – so begeistert, dass ich über meinen Schatten gesprungen bin und grade bei den Fischgängen oder der Punktlandungs-Taube einiges probiert habe, was ich mir eigentlich nicht zugetraut hätte. Lag aber vielleicht auch an der auf allerhöchster Flughöhe zusammengestellten Wein-Auswahl, vom Grünen Veltliner bis zur unerwartet knackigen Scheurebe-Spätlese. Wer als Wein-Fan gerne neugierig auf Grundlagen-Forschung geht und Spaß an Kulinarik-Entdeckung hat, sollte sich diesen Spot mal auf die Anflugliste schreiben.
Auch wenn ich nachdenklich schaue, lange nachdenken muss man nicht: Hier kann man den nächsten Geschmacksflug über die Alpen zeitnah buchen.
Mountain Hub Gourmet München: die Lande-Infos
Öffnungszeiten: Lunch – Mittwoch bis Freitag 12.00 – 13.30 Uhr (Last order), Dinner – Dienstag bis Freitag 18.30 – 21.00 Uhr (Last order)
Adresse: Mountain Hub Gourmet @Hilton Munich Airport, Terminalstraße Mitte 20, 85356 München
Kontakt: +49 89 97 82 45 00, Email: mountain.hub@hilton.com
Weitere Infos unter: mountainhub.de/gourmet