Sommelier? Da denkt man bei Wein ja leider noch zu oft an einschüchternden Alleswisser mit der Aura eines Severus Snape, dem man nicht widersprechen möchte oder gar traut, mitzusprechen, während man als Harry Potter Azubi gerade beginnt, sich vom Abenteuer Wein verzaubern zu lassen. Gut, dass sich die Zeiten geändert haben.
Immerhin: Bei der Farbwahl des Outfits, das Marc Almert zum Interview trägt, hätte Herr Snape wohl wohlwollend genickt – ein dunkles Ensemble aus eleganten Dressshoes, Jeans, Rollkragen und Jackett. Doch Marc setzt auf eine deutlich charmantere Form der Magie: Er möchte das Thema Wein verständlich und nahbar vermitteln. Den Zauber dadurch entfachen, dass man ein Gefühl für die Menschen bekommt, die man berät, und die Geschichten hinter dem finalen Produkt in der Flasche kennenlernt, die keinesfalls überteuert daherkommen müssen. Und das kann Marc Almert ausgezeichnet. Denn der Deutsche Wein-Flüsterer wurde 2019 bei der „ASI Best Sommelier of the World“ Weltmeisterschaft, mit gerade mal 27 Jahren, zum besten Sommelier der Welt gekürt.
Sommelier Marc Almert: Zwischen Wein-Verzauberung und magischen Empfehlungen
Marcs Werdegang startete 2008 im Excelsior Hotel Ernst in Köln. Sein eigentlicher Traum: Hoteldirektor zu werden. Dank eines weitsichtigen Vorgesetzten kam Marc schon an seiner ersten Arbeitsstelle mit außergewöhnlichen Weinen in Kontakt, legte die ursprünglichen Karriere-Pläne ad acta und schlug seinen Weg als Sommelier ein. Es folgten Stationen im Restaurant Ente im Nassauer Hof und im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg, bevor Marc Almert im Januar 2017 die Stellung als Sommelier im renommierten Baur au Lac in Zürich annahm. Kurz zur Erklärung: ein absolutes Champions-League-Hotel, Kategorie Halbfinale.
So machen spontane Schulstunden Laune: Sommelier Marc Almert vermittelt Wein-Wissen so logisch wie seriöse Auftritte.
Daher hab ich zur spontanen Möglichkeit, Marc für ein Interview in München zu treffen, auch direkt zugesagt. Ich bin ja noch mittendrin in meiner Wein-Journey, liebe es, wenn es neues zu lernen gibt, und man die ein oder andere blöde Frage stellen kann. Wobei: Wir klären gleich mal – blöde Fragen gibt es nicht bei Wein. Nur wer sich traut, Fragen zu stellen, lernt dazu, und wir sollten aufhören, diesem elitären Klischee nachzugeben, Wein studiert haben zu müssen, um mitquatschen zu können.
Ich bin mit Marc Almert im Hotel Excelsior by Geisel in München verabredet. Naheliegend, die haben eine ausgezeichnete Weinbar. Jegliche Vergleiche zu Severus Snapes Sommelier-Kollegen widerlegt der Weinkenner gleich zu Beginn. Das monochrome Outfit spiegelt die Art direkt wieder, wie er seinen Beruf als Gastgeber interpretiert: classy, elegant, aber ohne aufgesetzt zu wirken, keine großen Logos, sondern Fokus aufs Material – sprich – Weine. Einen Haken gibt’s aber doch: Weil die Weinbar offenbar genau montags ihren Ruhetag hat, sitze ich ausgerechnet beim Treffen mit dem erfahrenen Sommelier auf dem Trockenen. Super. Dann muss man den Wissensdurst halt erstmal so in der Hotel-Lounge füttern.
Sommelier Marc Almert im Interview
Sommelier Marc Almert vor seinem Heim-Wein-Stadion: Das Baur au Lac in Zürich zählt zu den besten Hotels der Welt.
Marc – Stichwort Wein-Schulstunde: Hat man – auch oder gerade als Sommelier-Weltmeister – irgendwann mal ausgelernt?
Nie. Und gerade das macht für mich die Faszination Wein, aber auch der Beruf Sommelier aus. Ich habe gerade noch vor diesem Treffen bei einem Kurs angehende Sommeliers unterrichtet, und ich sage immer gerne: Es verhält sich wie beim Führerschein. Ihr mögt ein Auto bedienen können, seid aber noch lange nicht automatisch gleich gute Fahrer. Jeder Sommelier hat ein Grundwissen, kennt die Klassiker. Aber dann liegt es an dir, weiterzumachen. Dazuzulernen. Neues Terrain zu betreten. Talent ist hilfreich, klar. Aber entscheidend ist deine Neugier.
Also sozusagen: dein eigener Wissensdurst.
Genau. Das kann man bei diesem Thema so sagen. Ich muss neugierig darauf sein, welche Gebiete sich gerade in den Vordergrund spielen, welche neue aufkommen, muss Winzer besuchen, mir die Weingüter persönlich anschauen. Welche Rebsorten sind neu im Spiel, wie verändert sich ein Weingut, wenn die nächste Generation übernimmt?
Gefühlt bist du als Sommelier ja eine wandelnde Bibliothek.Hast du jemals Angst, etwas zu vergessen?
Nein. Ich zitiere da gerne den Jura-Klassiker-Spruch: Man muss nicht alles wissen, man muss nur wissen, wo was steht. Ganz ehrlich: Man kann gar nicht alles wissen. Ich kenne beispielsweise nicht jede einzelne Appellation in Italien, hatte sicher nicht jeden italienischen Wein im Glas. Das ist auch eine Frage der Zeit. man entwickelt sich jeden Tag – mit jedem neuen Probeschluck – ein bisschen weiter. Natürlich gibt es Wein-Themen, die mir besonders am Herzen liegen, bei denen ich auch schon tiefer eingestiegen und bewandert bin, und der Rest ist dann solides Grundwissen. Das eben stetig erweitert wird.
Hinter jedem Glas steht für den jungen, ausgezeichneten Sommelier immer eine Geschichte.
Hat die Lizenz zum Probieren, auch ohne Doppel-Null-Status: Marc Almert.
Ihr als Sommelier seid am Ende halt vor allem auch eines: Menschen. Die am Gast dann alles Menschenmögliche versuchen, um – egal welche Umstände – eine perfekte Wein-Wahl zu treffen.
Absolut. Im Baur au Lac haben wir rund 600 Weine auf der Karte, die ziehen wir größtenteils aus unserem eigenen Wein-Handel. Da haben wir rund 3000 Positionen auf der Schiene. Und trotzdem wird es nie möglich sein, jeden Wein im Keller zu haben, den ein Gast sich vielleicht gerade wünscht, weil er ihn mal woanders getrunken hat.
Zudem sollen Wein-Karten ja auch immer ein individueller Ausdruck der Spiel-Philosophie des Sommeliers sein, oder?
Genau. Gäste, die eine Region im Kopf haben, sind ja schon weiter auf ihrer Reise, da fällt es etwas leichter, direkt zu konkreten Vorschlägen zu gehen. Sind Gäste beim Thema Wein eher noch am Anfang der Erfahrungs-Reise, liegt es an uns, Alternativen vorzuschlagen beziehungsweise den geeigneten Wein für den jeweiligen Anlass zu finden.Dann fragen wir dann erstmal: eher leicht, eher schwer? Gästen fällt es aber auch oft schwer, das zu formulieren, was ihnen gefällt. Dann versuche ich, ein besseres Verständnis zu bekommen. In München würde ich beispielsweise fragen, welches Bier die Person gerne trinkt – und kann daraus auf die Wein-Vorzüge schließen. Wer gerne Weizen trinkt, wird andere Weine bevorzugen, als jemand der etwa gerne Craft Beer oder ein Guiness bestellt.
Mich erinnert das oft an den Besuch beim Friseur. Da sagen Leute auch oft nicht viel, deuten kurz hin und her, und erwarten dann, dass die in Gedanken vorgestellte Frisur 1:1 getroffen wird.
Grundsätzlich ist das für mich so: Wenn ich etwas empfehle, und es kommt nicht an, sehe ich den Fehler bei mir. Dann habe ich meine Fragen nicht richtig gestellt. Das ist ja der Hauptbestandteil des Berufs als Sommelier: den Gast zu beraten und ihn zu verstehen. die richtigen Fragen zu stellen, um dem Gast einen perfekten Abend zu ermöglichen. Man sollte beim Wein-Bestellen wirklich keine Angst haben, einfach seine Gedanken auszudrücken. Wenn Gäste manche Begriffe nicht kennen, kann ich mich als Sommelier auch über einen anderen Zugang nähern. Menschen nutzen ja auch Wörter unterschiedlich. Manche meinen mit der Beschfreibung “fruchtig” fruchtbetonte Weine wie Sauvignon Blanc. Andere wieder verstehen “fruchtig” im Sinne von Restsüße. Da muss man dann genau fragen, und auch entsprechend Folge-Fragen stellen. Hat die Person beispielsweise eine Rebsorte im Kopf, oder vielleicht eine Art von Fruchtsaft? So kann ich mich versuchen, anzunähern.
Die Zeit am Tisch ist ja auch begrenzt.
Natürlich versuche ich immer, mir so viel Zeit wie möglich zu nehmen. Das hat man mit der Erfahrung im Gespür, und kann die Antworten entsprechend deuten. Ich fange gerne mit Rebsorten oder Regionen an, auf die die Gäste Lust haben, beispielsweise Riesling von Schieferböden – und grenze das dann immer weiter ein. Und wenn ich merke, jemand tut sich wirklich schwer mit dem Formulieren der Vorlieben, stelle ich zwei, drei Weine probeweise hin, und bewege mich von dort aus dann weiter.
Gelernt ist gelernt: Entkorken geht halt auch mit Grazie.
Sommelier Marc Almert: ruhig mehr Mut, Wein zu sprechen – und kauft Blumen!
Mit jedem Wort und Satz kann man die Freude und das tiefe Verständnis miterleben, die Marc für Wein hegt. Seit rund fünf Jahren – und mittlerweile als Chef-Sommelier – ist Marc Teil des Teams des Zürcher Grand Hotels Baur au Lac und des Weinhandels Baur au Lac Vins. „I know that I know nothing“ zitiert Almert gerne Sokrates. Ganz so ist es natürlich nicht, denn nicht umsonst ist Marc Almert der amtierende ASI Best Sommelier of the World. Aber es zeigt, dass Bescheidenheit eine auch heutzutage noch coole Tugend ist, die Marc verinnerlicht hat. So ganz abschalten lässt sich der Beruf dann auch am freien Tag nicht – das Wasser, das wir von der Rezeption bekommen, schenkt er uns natürlich stilsicher ein, bevor ich reagieren konnte. Berufsehre: unbezahlbar. Da wären wir auch gleich beim nächsten Stichwort.
Spielt der Preis eine Rolle?
Ich habe schon den Eindruck, dass viele Menschen Hemmungen haben, Preise anzudeuten. Vor allem, wenn es in Gesellschaft ist und sie sich da nicht in eine Status-Bredouille bringen möchten. Bei Bordeaux-Weinen geht es ja relativ günstig los, aber eben auch schnell in die oberste Etage. Wenn man da keine grobe Richtung mitbekommt, muss man lange rumtanzen, bis man weiß, wo es hin soll. Brieft mich jemand mit: Bordeaux, viel Cabernet, um die 200 Euro – da weiß ich sofort, wo ich die Reise-Route hinlege. Ein Tipp: Beim Aufschlagen der Karte einfach mit dem Finger auf einen Preis deuten und sagen “hier um den Dreh sollte es sich abspielen”, dann merke nur ich, nicht der ganze Tisch, den Preis, und kann das diskret arrangieren und auswählen.
Da bleibt natürlich die ein oder andere Herausforderung nicht aus.
Absolut. Für mich liegt die größte Herausforderung darin, in Situationen zu kommen, die ich bis dahin noch nicht erlebt, beziehungsweise, gemeistert habe. Wenn ein toller Wein korkt, kann niemand etwas dafür. Ich muss einfach schnell und präzise reagieren und dann einen neuen, einen anderen Wow-Moment für den Gast schaffen. Das ist unser Ziel: Der Gast soll begeistert sein. Wir als Gastgeber möchten diesen Abend besonders machen.
Man baut also auch eine Menge Menschenkenntnis auf.
Sehr viel. Es gibt ja auch Gäste, die sehr genau wissen, was sie möchten, beispielsweise seit Jahren oder Jahrzehnten nur Bordeaux trinken. Die freuen sich dann, wenn sie in ihrer Auswahl bestätigt werden. Dann ist mein Job: zuhören, zustimmen. Das Gespräch läuft einfach mal andersherum. Ich frage dann etwa “Oh, Sie waren schon auf diesem Chateau, was hat Sie besonders begeistert?” Auch so lerne ich dazu. Und es gibt immer etwas zu lernen als Sommelier.
Wird dir auch in der Freizeit die Empfehler-Rolle überlassen?
Ja, ich werde schon oft in die Verantwortung gezogen, aber ich finde das nicht schlimm. Im Gegenteil: Ich stelle Leuten, die mir etwas bedeuten, gerne neuen Glas-Spaß vor. Es kommt auch öfter vor, dass meine Familie sich besorgt Gedanken macht, was sie zu meinem Besuch kochen sollen. Ich muss sie dann erstmal mit einem Lächeln beruhigen. Ich arbeite zwar im Baur au Lac, aber ich esse sehr gerne einfach bodenständig.
Ist deine Familie auch Wein-affin?
Ich muss da ein bisschen schmunzeln, denn eigentlich waren meine Eltern vor mir an der Ziellinie. Meine Mutter und mein Vater haben gerne Wein probiert und hatten die entsprechende Affinität. Kurz vor Start der Hotel-Ausbildung waren mein Vater und ich im Urlaub, was er als Gelegenheit sah, dass ich einer Probe nicht mehr aus dem Weg gehen könnte. “Du musst das Zeug bald verkaufen, also probier doch wenigstens mal.” Ich hatte bis dahin immer eher Cola getrunken, und habe mir sehr lange schwer getan mit dem Geschmack von Spirituosen. Erst bei der Ausbildung und im Rahmen von Winzer-Besuchen dort habe ich dann gemerkt, wie vielfältig dieser Geschmack sein kann. Das war der Startschuss für die Faszination, wie sie heute ist. Als ich dann drei Jahre nach dieser Szene im Urlaub meinem Vater erklärt habe, ich würde mich jetzt auf Wein spezialisieren, hat er mich logischerweise schon sehr skeptisch angeschaut. Aber es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.
Und der Beginn einer Reise mit vielen Erlebnissen. Was war für dich der coolste Ort, um Wein zu probieren?
Es gibt eine tolle Prüfungsfrage. Was sind die ersten Weinreben, die Sonnenlicht sehen? Das ist die Ostküste von Neuseeland. Auf einer Reise dort haben wir den östlichsten Punkt der Weinwelt besucht. Morgens mit einem Winzer, der dort ein Strandhaus hatte, und waren dort schwimmen. Dann gab es einen Sparkling Muscat Schaumwein – und wow, ja, der Moment bleibt für die Ewigkeit. Ja, ausnahmsweise Wein um die Zeit, aber das war einfach zeitlos.
Kommen wir von unbezahlbar zu bezahlbarem Wein-Vergnügen. Ab wann kann ich mit guten Weinen einsteigen?
Ich werde das tatsächlich sehr oft gefragt. Also unter fünf Euro wird es schwierig. Auf Weingütern lassen sich im Direktkauf schon für sechs bis acht Euro handwerklich top gemachte, launige Weine finden. Wenn hier im Supermarkt ein Wein aus Neuseeland für sechs bis acht Euro angeboten wird, kann man sich bei den Transportkosten etc. ja zusammenrechnen, wie viel Budget da noch für Qualität in der Flasche übrig war. Ein Tipp: Genossenschaften. Oft haben wir da noch gestörte Wahrnehmungen, weil man das oft als billig wahrnimmt. Aber es hat sich viel verändert. Zum Guten. Beispielsweise die Cantinas in Südtirol wie die Cantina Terlan, oder die Domäne Wachau in Österreich – da muss man sich nur trauen zu Probieren und wird wirklich belohnt.
Je nach Gesetzen im jeweiligen Land ist es ja für Einsteiger auch schwer, auf dem Etikett direkt zu erkennen, welche Rebsorte oder Machart sich da in der Flasche verbirgt. Da empfehle ich wirklich: Findet Leute aus dem Wein-Kosmos, denen ihr vertraut. Sommelier, Winzer, Blogger. Folgt ihnen auf Social Media, schaut euch Tipps ab, und probiert, probiert, probiert. Das ist auch eine gute Brücke. Schmeckt ein Spätburgunder aus Deutschland, dann mal einen aus dem Burgund testen. Gefällt das, probiert man einen aus den USA, und so weiter. Reisen hilft natürlich auch. Weingüter besuchen, auf Messen gehen, verkosten. Sich gegenseitig austauschen.
Das Baur au Lac hat einen eigenen Wein-Handel. Aus dieser Flaschen-Apotheke würde ich mich gerne mal verarzten lassen.
Wein hat ja leider noch oft ein nobles Klischee. Ein Anliegen von dir: Menschen die Angst nehmen und zu Wein-Entdeckung ermutigen.
Genau. Das von dir schon angesprochene Eingeschüchertsein, gerade als Beginner und Einsteiger, beim Austauch zu Wein, zeigt ja nur, dass in der Branche sehr lange etwas falsch gelaufen ist. Wein ist für alle da, und jeder lernt dazu. Selbst ich. Man sollte sich auch nicht von einer schlechten Wein-Erfahrung, die man mal gemacht hat, die Laune verderben lassen. Vielleicht baut ein anderer Winzer die gleiche Rebsorte ja anders an, und genau so, wie es dir schmeckt.
Ich fange ja recht pragmatisch an mit nur zwei Möglichkeiten: schmeckt oder schmeckt nicht.
Genau. Das zählt. Erstmal ist es wichtig, ob mir der Wein schmeckt oder nicht. Eine wie zu Beginn erwähnte Hemmschwelle haben wir beim Essen ja komischerweise nicht. jeder traut sich zu sagen, wenn der Rand der Pizza verbrannt ist oder das Fleisch durchgebraten ist. Weil wir jeden Tag essen. Jeder weiß: Cola ist süß, frisch gepresster Apfelsaft ist sauer. Eigentlich haben wir durch den Alltag sehr viel Vokabular in der Hand, um Kulinarik und Wein gut zu beschreiben.
Aromen beschreiben ist natürlich die schwierige Disziplin. Man muss sie bewusst wahrnehmen, um sie dann erkennen und formulieren zu können. Ich war zu Beginn meiner Ausbildung auch mal bei einem Tasting gehemmt. Dann hat die Sommeliere mir kurz zugeflüstert: “Das hier Herr Almert, ist Frühling, das ist Sommer, und das, das ist der Kartoffelkeller bei Oma”. Da hab ich gemerkt: Ja, das ist eine Sprache, die ich verstehe. Geruch und Geschmack bilden sich vor allem in der Kindheit aus. Wie man da geprägt wurde, was man dort gerochen und probiert hat, entscheidet viel. Ich finde ja auch englische Beschreibungen sehr amüsant. Dort steht dann gerne mal, dass der Wein nach verwelkten Rosenblüten riecht.
Wer kommt auf sowas? Muss ich einfach der Partnerin-in-crime mehr Rosen oder Blumen schenken?
Das wäre durchaus eine Option. Es gibt ja auch Weißweine mit sehr floralen Noten. Da kann man sich auf jeden Fall ein gutes Grundgerüst aufbauen. Zudem einfach bewusster durch die Welt gehen. Beim Kochen mal an allen Zutaten schnuppern, oder beim Einkaufen. beim Essen gehen, im Garten, beim Spazieren. Hauptsache, man macht das mit Neugierde und hat Spaß daran.
Klingt nach einer aromenreichen Zukunft für mich. Kommen wir zu deiner: Was möchtest du unbedingt noch erleben?
Ich bin ja immer neugierig, aber mich reizt vor allem Südamerika gerade. Was passiert in Chile und Argentinien im Weinbau? Das ist ja spannend für uns alle. Die Weinwelt verschiebt sich durch den Klimawandel. Rebsorten und Anbaugebiete wandern, vieles geht gen Norden. In England wird hervorragender Schaumwein produziert, auf Sylt gibt es Weinbau, in Brandenburg werden Reben hochgezogen. Da stehen noch viele neue zukünftige Wein-Abenteuer vor der Tür.
Alles im Blick, alles im Griff: Dennoch sieht Marc Almert in jeder Situation für sich die Chance, dazuzulernen. Und ich bin jetzt auch ein bisschen schlauer.
Sommelier Marc Almert: Infos
Wenn ihr noch mehr über Marc Almert erfahren wollt, findet ihr auf seiner Website marcalmert.com alle Infos und Kontakte zu Social Media.