In der Mode sagt man ja gerne: alles kommt wieder, altes wird erneut modern. Gleiches gilt auch beim Wein. Die Lagerung von Obstsalaten in amphoren ähnlichen Tongefäßen kommt für bewussten Genuss wieder in den Trend – und diese drei Amphoren-Weine von Herdade do Rocim aus Portugal haben für mich zeitlosen Style!
Portugal, das schmeckt für mich nach Genuss-Abenteuern. Seit dem ersten Besuch in Porto (Klick: Meine Porto-Genuss-Spots) gab es eine Reihe von Entdeckungen in der City, die ganz oben in meiner Food-Skala loungen, und vieles, das mich auch beim Kochen inspiriert hat. Deswegen ist Vorfreude auf eine neue Flaschenpost aus dem Land und damit eine neue Reise im Glas immer animierend, man kommt ja jetzt nicht immer mal schnell live vor Ort.
Zumal das Vino-Trio einen ganz eigenen Ton anschlägt: Im wahrsten Sinne – denn die drei Weine hier vom Weingut Herdade do Rocim reiften alle in Amphoren. Amphoren? Genau diese Tongefäße, die aussehen wie die Champions League Trophäe und irgendwie immer an die Größenordnung erinnern, in der Asterix, aber eher Obelix wohl Wein zum Wildschwein inhalieren würden.
Herdade do Rocim Amphoren-Weine, oder: Wenn Portugal beim Wein-Entdecken den Ton angibt
Die Weinbereitung in großen, amphorenähnlichen Tongefäßen ist sogar vermutlich die älteste Form der Weinherstellung überhaupt. In der griechisch/römischen Welt diente die Amphore vor allem zu Lagerung und Transport, während die georgischen Quevris eher in die Erde eingegraben werden. Warum das ganze? Diese Weine zeichnen sich durch eine sanftere Mikrooxidation aus, die eine komplexere Aromatik und Textur fördert, ohne dass der Wein zu sehr Holzaromen aus dem Kleiderschrank zieht. Das Ergebnis sind eher cleane, terroir-betonte Weine, die sowohl der Rebsorte als auch der Hood, in der sie aufgewachsen ist, helfen, ihr authentisches Ich ins Glas zu bringen.
Klingt natürlich bisschen poetisch, und nach Stoff, auf den man sich einlassen muss – was aber perfekt zum Punkt meiner Wein-Journey passt, an dem ich jetzt bin. Da braucht es manchmal einen kleinen Schubser aus der Komfortzone heraus. Naturweine und Low Intervention waren lange ein Terrain, auf das ich mich nicht getraut habe. Bis ich im wahrsten Sinne ein Fern-Glas in der Hand hatte, dass mir half, die Reise-Route mal aus einem anderen Blick zu betrachten. Durch das Zalto Denk’Art Balance Glas wurde Neugier entfacht auf strukturbetonte Weine, die ungeschminkter, handwerklicher, ehrlicher daherkommen. Auf Charakterköpfe im Glas, die gerne zeigen sollen, wo sie herkommen, wie sie aufgewachsen sind, die ihre Geschichte erzählen. Und nicht glattgebügelt wurden wie Seidenblusen. Und Charakter haben die drei Amphoren-Weine von Herdade do Rocim auf jeden Fall – sogar eine gehörige Prise Coolness.
In nur wenigen Jahren haben Catarina Vieira und Pedro Ribeiro das Weingut Rocim zu einem der erfolgreichsten Projekte Portugals entwickelt – und setzen dabei vor allem auf kühlere Anbaugebiete. Neben den Weinen, die sie in Vale do Rocim in der Unterregion Vidigueira im Alentejo erzeugen, haben die beiden in den letzten 20 Jahren auch viele andere „coole Spots“ für spannende Weine genutzt. So wurden etwa Weinberge in der Nähe von Lissabon, im Dão, in Bairrada, im Douro, im erfrischenden Norden des Vinho Verde und auf den Inseln Madeira und Azoren ausgewählt, um ihre frischen, strukturierten Weine zu vinifizieren.
Die Tonangeber und Kreativköpfe hinter den Herdade do Rocim Weinen: Catarina Vieira und Pedro Ribeiro.
Bei Herdade do Rocim haben sowohl Weine als auch Weingut eine stabile Architektur.
Ich probiere aus dem Sortiment die Herdade do Rocim Weine „Fresh from the Amphora NatCool White“, „Herdade do Rocim Amphora Tinto“ und „Quinta da Pedragosa Amphora Tinto“. Cooles Detail: Alle Herdade do Rocim Weine vom Tasting zeigen ihren Amphoren-Background charming visualisiert auf dem Etiketten-Dresscode. Ein Pool hätte das Tasting noch verschönert, aber ich habs gemacht wie im Urlaub: mich mit den Weinen einfach treiben lassen – und euch das in meiner typischen Buchstabensuppe hier mal zusammengefasst.
Herdade do Rocim Fresh from amphora white
Sommerwein-Alarm der ruhigen Art mit Coolness Faktor im Liter-Format! Cool genießen soll man auch den Rocim Fresh from the Amphora White. Der Obstsalat reifte eine Zeit lang im namensgebenden Tongefäß, das die Römer schon nutzten, und ist ein echt entspannter Charakterkopf. Herdade do Rocim Fresh from Amphora White ist das Ergebnis einer Partnerschaft zwischen den beiden Weingütern Herdade do Rocim und Niepoort, die sich dem Nat’Cool-Konzept und seiner Philosophie der entspannten und leicht zu trinkenden Weine annähert, wobei die Amphoren zu einem leichteren, frischen und sehr harmonischen Wein beitragen.
Herdade do Rocim Fresh from Amphora White ist ein Weißwein aus den Sorten Perrum, Rabo de Ovelha, Manteúdo, der schmeckt, als würde ein Ruderboot sich einfach auf einem See treiben lassen.
Ergebnis: ein unkonventioneller, sich beinahe lässig zurücklehnender Glou Glou Wein mit bestem Dresscode für den Sommer.
Das erste Schnuppern weckt den Eindruck, als würden im Morgennebel Möwen die salzige Küste heranfliegen, im Schnabel Apfel, Holunder, Honig. Der erste Schluck? Wie eine tasty Beruhigungspille. Denn der Weißwein aus den Sorten Perrum, Rabo de Ovelha, Manteúdo geht super relaxt, glatt, fein über die Zunge, als würde ein Ruderboot sich einfach auf einem See treiben lassen. Dazu aber eine Säure, die auftaucht wie der Weiße Hai – und sofort zum roten Faden wird. Stachelbeere, Johannisbeere, wirkt fast mehr wie ein Reben-Saft. Braucht keinen Sonnenschutzmittel, weil ist vorher leer. Ein Wein, der sich relaxt zurücklehnt und machen lässt. Kurz: Baby sip me one more time!
Rocim fresh from amphora white, Preis: rund 16 Euro, etwa über portugalvineyards.com
Herdade do Rocim Amphora Tinto
Das portugiesische Weingut Rocim setzt vor allem auf kühle Anbaugebiete, heißt aber nicht, dass die Obstsalate einen nicht auf Temperatur bringen können. Der Rocim Amphora Tinto aus dem Alentejo durfte sein Abitur im Tongefäß machen und kam angekühlt serviert super classy. Was die Amphore macht? In meinen Augen fühlt sich’s an, als man aus der hektischen, quirligen Großstadt weiter raus aufs Land zieht, beim Tempo 2 Gänge runterschaltet, und Bäcker & Co beim Vornamen grüßt: bodenständig lässig, unaufgeregt, trotzdem kommt das Handwerk halt richtig durch.
Beim Rocim Amphora Tinto dribbeln die Rebsorten Aragonez, Moreto, Tinta Grossa, Trincadeira durch die Amphoren-Kabine.
Ein Rotwein als Musterbeispiel für unaufgeregte Eleganz.
Hinter dem Rotwein steckt eine klare Idee. Die ich so interpretiere: lass das Ding einfach mal sich selbst sein. Stichwort Namen: Aragonez, Moreto, Tinta Grossa, Trincadeira klingen schon wie Fußballer der nächsten Generation, die bald bei der Fußball-WM aufdribbeln, sind aber die genutzten Rebsorten. In die Nase flanken die: Erdbeere, Himbeere mit Salz, Sauerkirsche. Das geht auf der Zunge so weiter. Ein Doppelpass-Duett aus Geschmeidigkeit und Juicyness, glatt, relaxt, aber auf so eine ehrliche Weise unbekümmert, ein Wein mit ganz eigenem Tempo.
Herdade do Rocim Amphora Tinto, Preis: rund 18 Euro, etwa über portugalvineyards.com
Quinta da Pedragosa Amphora Tinto
Die Cuvée aus Negra Mole, Aragonez und Syrah tanzt auf dem Papier erstmal in einem höheren Preisregal, das sich an neugierige Horizonterweiterer richtet. Allerdings bewahrt sich auch dieser Wein, trotz seines spannenden Tiefgangs, wieder diese Unaufgeregtheit, die sich wie ein roter Faden durch alle drei probierten Weine zieht. Wie so ein Charakterzug, bei dem der Wein alles mit einem Zwinkern im Auge kommentiert, auch wenn der als super smart geschnittener Samt-Doppelreiher-Blazer daherkommt. Wie das riecht? In der Nase mein erster Eindruck: salzige Himbeere, Sauerkirsche, frische Pflaume, windig, kühl, edgy, aber super fein.
Salzige Himbeere, Sauerkirsche, frische Pflaume: Beim Quinta da Pedragosa Amphora Tinto fühlt sich die Weinreise im Glas an wie ein ehrlicher Besuch beim lokalen Winzer.
Auch der Quinta da Pedragosa Amphora Tinto zeigt sein Amphoren-Ambiente direkt charming visualisiert auf dem Etiketten-Dresscode.
Über die Zunge gleitet der straffe Rotwein dann vollmundig ausgeglichen, als ob ein Boot schon mit gutem Zug über den Fluss schippert, leichter Wellengang, dazu leicht herbe Noten wie von kaltem Früchtetee. Eine ultra subtile Würze hüpft an Bord, wie Pfeffer aus dem Handgelenk geschüttelt. Und dann: nach jedem Schluck geht eine pure Saftigkeit ins Netz, tiefe Sauerkirsche, eiskalter Früchtetee,salzige Vibes, juicy, animierend, aber so locker lebhaft gemacht, als ob auch diesen Wein nichts aus der Ruhe bringt.
Quinta da Pedragosa Amphora Tinto, Preis: rund 35 Euro, mehr unter rocim.pt
Herdade do Rocim: Fazit
Abkühlender Style, der gleichzeitig auf Entdecker-Temperaturen bringt: Mir gefiel bei allen probierten Herdade do Rocim Weinen – Fresh from the Amphora NatCool White, Herdade do Rocim Amphora Tinto und Quinta da Pedragosa Amphora Tinto – dieser echt relaxt-classy Laid-Back-Vibe. Die Weine bewahren einen kühlen Kopf, wirken nie überhitzt oder zu temperamentvoll, obwohl sie Charaktertiefe haben. Die Preise sind fair, auch neugierige Einsteiger können sich hier langsam heranwagen.
Drei mal Portugal im Glas, drei mal ungewöhnlich, aber genau deswegen so anziehend. Amphoren-Weine dürfen jetzt immer auf die Speisekarte.
Es ist bei allen Weinen ein klares Drehbuch zu erkennen, aber keiner will gleich sofort bühnengeil in die Hauptrolle preschen. Die Amphoren-Weine mixen Nonchalance mit entspannten Humor, gepackt in einen classy Dresscode. Man muss keine Angst haben, die Weine nicht zu verstehen. Einfach einschenken, und die Amphoren-Obstsalate den Ton angeben lassen, dann tauen sie auch super schnell auf, und werden zum sophisticated Entertainer, ohne zu sehr das Scheinwerferlicht zu suchen. Ein cooler Ausflug, der noch neugieriger gemacht hat, was da draußen noch so an Vino-Adventure wartet.
