Die Super Kickers um Captain Tsubasa, Takeshi’s Castle und danach Pokémon – das war in der Kindheit und Jugend mein Bezug zu Japan. Damals wurden erst Panini-Bilder für’s Fußballheft und später dann Körbe im Club gesammelt. Die Sammel-Leidenschaft ist geblieben, sie verändert sich eben auf der eigenen Journey, mittlerweile hält man Ausschau nach Neuzugängen für die Hausbar. Und bei dieser Suche richtete sich mein Blick nach einer Einladung zu einem besonderen Tasting –- nein, nicht von Herrn Tsubasa – nach Jahren wieder nach Japan. Genauer gesagt, nach etwas außerhalb von Kyoto. Denn von dort kommen Sammlerstücke, die mich vor ein echtes Luxusproblem stellen würden. Einerseits steigen die edlen Abfüllungen aus dem Hause Suntory Yamazaki rapide im Wert, sind somit eine echte Wertanlage und Schmuckstück für das Auge. Auf der anderen Seite schreit das kindliche kulinarische Ich: Whisky ist zum Trinken da!
Gut für mich, dass ich bei der Verkostung im Münchner Hotel Mandarin Oriental um diese Luxusprobleme einen großen Bogen machen konnte: Vier reizende Flaschen waren bereits geöffnet und testbereit ganz bodenständig eingeschenkt. Das eigentliche Highlight aber war die Möglichkeit, einen – ja, richtig – japanischen, nicht etwa schottischen Whisky zu probieren, der unter anderem ein Single Malt Fass enthält, das im Geburtsjahr meines Dads abgefüllt wurde. Schon eine krasse Vorstellung, oder? Die Flasche des Yamazaki 55 Years ist so wertvoll, dass sie eigens mit Bodyguard nach München reiste. Aber starten wir ganz von vorne.
Im Restaurant des Mandarin Oriental München warteten asiatische Köstlichkeiten und 5 herausragende Whiskys. Zum Glück hab ich nicht den Mantel des Schweigens aus dem Schrank gezogen.
Genuss-Zentrum im Grünen: Die Suntory Destillerie etwas außerhalb von Kyoto.
Suntory Yamazaki: von Schottland inspiriert, von Japan geprägt
Die Yamazaki Destillerie wurde 1923 von Suntory Gründer Shinjiro Torii erbaut und ist Japans erste und älteste Malt Whisky-Destillerie. Obwohl Torii ursprünglich vom traditionellen schottischen Whisky inspiriert wurde, entwickelte er eine japanische Version, indem er ein völlig anderes Klima als das in Schottland wählte. Die Yamazaki Destillerie ist somit die Geburtsstätte des japanischen Whiskys. Diese Region, die sich an Kyoto schmiegt, wurde früher als „Minaseno“ bezeichnet, als Ort, an dem eines der reinsten Wasser Japans seinen Ursprung hat.
Yamazaki ist ebenfalls die Heimat von Sen no Rikyu, Meister der japanischen Teezeremonie. Die Yamazaki Destillerie liegt an der Mündung der Flüsse Katsura, Uji und Kizu und bietet ein einzigartiges nebliges Klima und eines der weichsten Wasser Japans. Die unterschiedlichen Temperaturen und Luftfeuchtigkeit in dieser Region schaffen ideale Bedingungen für die Reifung in Fässern, bekannt als die charakteristische „Suntory Reifung“.
Mein persönlicher Abenteuerspielplatz – die Suntory Yamazaki Whiskys stehen zum Tasting bereit.
In der Yamazaki Destillerie können mehrere Whiskyarten produziert werden. Dies ist eine einzigartige Beschaffenheit, die nur wenige Destillerien auf der Welt erfüllen. In jeder Phase der Whiskyherstellung – Fermentation, Destillation, Reifung und Abfüllung – haben die Destillateure neue innovative Methoden eingeführt und gleichzeitig die von ihren Vorgängern überlieferten Techniken fortgeführt. Trink-Kultur ist halt schon was Feines. Der Yamazaki Whisky ist Suntorys Aushängeschild seiner Single Malt Whiskys. Er wird in Japans erster und ältester Malt-Destillerie hergestellt und besitzt mehrschichtige Mizunara- (japanische Wassereiche) und Frucht-Aromen. Denn die Wahl der Fässer hat eine entscheidende Auswirkung auf den finalen Spirituosen-Dresscode.
Probiert wurden dann die folgenden vier Abfüllungen: Yamazaki Distiller’s Reserve, Yamazaki 12 Years, Yamazaki 18 Years und Yamazaki 25 Years. Kurz zur Einordnung: Das ist Champions-League Halbfinale. Die Preise starten bei knapp über 100 Euro für den Distiller’s Reserve, die Flasche des 25 Years hatte ich später sehr ehrfürchtig für ein Foto im Arm – sie hatte den Wert mehrerer Monatsgehälter. Warum ich den Preis erwähne? Weil man hier, selbst als Einsteiger, schmeckt, welche Handwerkskunst dahinter steckt. Die farblichen Nuancen variieren von Gold zu Kupfer und Bernstein, viel intensiver und vielschichtiger sind aber die unterschiedlichen Charaktereigenschaften im Geschmack.
Eines gleich vorweg: Whisky-Tasting ist keine Richtig oder Falsch-Angelegenheit, wo ihr ihr bei Fehl-Interpretation „Squid Game“-mäßig aus dem Verkehr gezogen werdet. Im Gegenteil. Jeder assoziiert andere Aromen-Connections, oder sogar Gerichte, an die so ein Glas erinnert. Man geht neugierig auf Geschmacksreise, tauscht sich mit den anderen aus, bekommt neue Ideen, und ist am Ende überrascht, wenn Bitterschokolade auf Erdbeeren oder in Kakaopulver gehüllte Cranberries trifft. Zusammengefasst hier mal ein kleiner Überblick über das Dating-Profil der vier Suntory Yamazaki Whisky Abfüllungen.
Yamazaki Distiller’s Reserve
- Farbe: Gold
- Aroma: Erdbeeren, Kirschen, Mizunara (japanische Eiche)
- Geschmack: Himbeeren, weiße Pfirsiche, ein Hauch von Kokosnuss
Yamazaki 12 Jahre
- Farbe: Pures Gold
- Aroma: Pfirsiche, Ananas, Grapefruit, Nelken, kandierte Orangen, Vanille, Mizunara (japanische Eiche)
- Geschmack: Kokosnuss, Cranberrys, Butter, im Abgang: Süßer Ingwer, Zimt
Yamazaki 18 Jahre
- Farbe: Dunkler Bernstein
- Aroma: Rosinen, Aprikosen, Café au lait, Mizunara (japanische Eiche)
- Geschmack: Brombeeren, Erdbeermarmelade, Zartbitterschokolade, im Abgang: Lang, würzig, weich
Yamazaki 25 Jahre
- Farbe: Mahagoni
- Aroma: Getrocknete Kirschen, Johannisbeeren, Tomatenmark, Balsamico, Walnüsse
- Geschmack: Intensiv und komplex mit Trockenfrüchten. Marmelade, Kaffee, Kakao, Mandeln Abgang: Intensiv, mit einem Hauch von Säure.
Heftiger in mein Geschmacksmuster treffen hätte auch Captain Tsubasa nicht können. Aber kommen wir doch von Animé zu animierend. Das sind alle vier Whiskys. Man möchte immer nochmal nachfassen, nochmal probieren, mit dem Ansporn, noch unbekannte Aromen zu entdecken und herauszufinden. Ich liebe ja Gentlemens Journey Praxis-Kurse. Ich habe beim Probieren das Gefühl, dass die Ästhetik der japanischen Kalligrafie, der feinen Schriftzeichen, die auch auf den Flaschen zu finden sind, sich in der Textur der Whisky widerspiegelt. Es wirkt alles wie ein leichter, fein geschnittener Anzug, der aber aus unzähligen hochwertigen Fäden gewebt wurde.
Auf den Tellern als Food-Pairing: kulinarische Gönnung von Miso-Lachs bis …
… einem butterzarten Teriyaki-Beef. Whisky ist übrigens ein unterschätzer Menü-Begleiter. Gerade rauchige, holzige Noten bringen Fleisch-Gerichte noch mal einen Schritt nach vorne.
Suntory Yamazaki 55 Years
Zum Abschluss – als ob man da noch viel toppen könnte – steht dann plötzlich die Flaschen-Skulptur des Suntory Yamazaki 55 Years vor uns. Drei Generationen an Master Blendern waren an der Entstehung dieses besonderen japanischen Whiskys beteiligt: Unter Suntory-Gründer Shinjiro Torii wurde eine Komponente dieses Whiskys 1960 destilliert und in Mizunara-Eichenfässer gelegt. Eine zweite Komponente entstand 1964 unter Keizo Saji, dem zweiten Master Blender von Suntory, und reifte in Weißeichefässern. Shinji Fukuyo, Suntorys Chief Blender der fünften Generation, blendete schließlich in Zusammenarbeit mit Shingo Torii, dem Master Blender der dritten Generation, diesen Yamazaki 55 Jahre. Serviert wird die Whisky-Zeitreise in unerwartet großen Gläsern. Nosing-Glas wird gegen ein Bordeaux-ähnliches Glas getauscht. Und machen wir’s kurz: Mit diesen inneren Werten kann man sich das leisten. Im Glas ist nur ein kleiner Schluck (legitim, schließlich waren nur eine Handvoll Proben überhaupt verfügbar), der Boden ist kaum bedeckt – und es duftet bereits aus einer Armlänge Entfernung. Nach viel – aber nicht nach dem, was man von Whisky erwartet hätte. Japanische Handwerkskunst findet sich überall an der Flasche. Die Flaschenöffnung ist mit handgemachtem Echizen-Washi-Papier umwickelt und mit einer geflochtenen Kyo-Kumihimo-Kordel, einer traditionellen Handwerkskunst aus Kyoto, verschnürt. Ebenso exquisit wie die Flasche ist auch die Verpackung in einer maßgefertigten mit Suruga-Lack beschichteten Holzkiste aus der in Japan heimischen Mizunara-Eiche.
55 Years oder: Eau de Yamazaki
Die edle Kristallflasche des Yamazaki 55 trägt eine Kalligraphie des Namens „Yamazaki“, die mittels Sandstrahltechnik eingraviert wurde. Die Jahreszahl ist mit Lack und echtem Goldstaub versehen.
Pures Juwel. Der Suntory Yamazaki 55 Years ist ein Schmuckstück mit japanischer Handwerkskunst.
Der Suntory 55 Years gleicht in Duft und Geschmack mehr einem sehr edlen, vielschichtigen und holzigem Manufaktur-Parfum. Auch hier muss ich wieder an die Super Kickers denken. Erinnert ihr euch noch an die Schüsse, die gefühlt drei Folgen lang über das Kilometerlange Spielfeld Richtung Tor flogen? Genauso lange hallt ein Schluck dieses 55 Jahre alten Whisky nach. Zuerst weht ein kräftiger Hauch von duftendem Sandelholz und ein süßlicher Schuss reifer Früchte um die Nase. Der zart-weiche Geschmack des ersten Schlucks entwickelt sich im Mund zu einem kickenden Super-Sturm. Ein Mix aus Süße und ungewohnter, aber anziehender nussiger Bitterkeit, gefolgt von einer holzigen Note aus dem Mizunara-Eichenfass, im Nachklang ein Hauch von Rauch. Hätte man darüber nicht im Deutsch-Abi mal eine Gedicht-Interpretation schreiben dürfen? Aber gut, das sind Luxusprobleme.
Der 55 Years verträgt auch die große Bühne, in dem Fall: ein großes Bordeaux-Glas. Das wird von seinen intensiven Aromen locker easy ausgefüllt. Unbeschreiblich.
Farbe, Geruch, Geschmack: Die Suntori Yamazaki Whiskys sollte man langsam zelebrieren, wie eine japanische Tee-Zeremonie. Hut ab!
Am Ende steht eine unvergessliche Glas-Reise nach Japan, die mir wieder gezeigt hat, warum ich diesen Blog mache. Auf meiner Journey spannende Erfahrungen machen zu dürfen, den eigenen Spirituosen-Horizont zu erweitern und diese Begeisterung weitergeben zu dürfen. Natürlich muss man einiges sparen, um diese flüssigen Aromen-Flirts in seine Hausbar zu holen, aber halten wir es doch auch hier mit Captain Tsubasa: Niemals aufgeben (zu träumen).
- Presseeinladung – der Bericht spiegelt aber wie immer meine ehrliche und authentische Meinung wider