Wie man ein Land aus der Ferne kennenlernen kann? Durch seine Weine. Entkorkt mit mir eine Tour durch Italien – mit herausragenden Journey-Rotweinen, die dank classy Handwerk auf eine spannende, facettenreiche und neugierig machende Reise mitnehmen, nach der man vor allem eines hat: mehr Durst auf das Land im Glas.
Wein macht mich ja immer neugierig, ich bin immer gespannt, was hinter der nächsten Ecke an neuen Vino-Vibes wartet. Das Schöne daran: Auch wenn man es es nicht persönlich vor Ort schafft, kann man im Glas entspannt an die buntesten Wein-Flecke der Erde reisen, nachhaltig um die Welt fliegen, und sich so relaxt in kurzer Zeit mehr Abenteuer einschenken, als Indiana Jones in 20 Filmen abfrühstücken würde. Zudem entdeckt man nicht nur neue Länder durch die Weine – die ja immer auch den Boden und die Umgebung abbilden – sondern lernt auf der Geschmacks-Reise auch seinen persönlichen Stil immer besser kennen. Kurz: Ich habe immer Wissensdurst. Seit diesem Jahr hab ich – auch wegen meines Onkels und Tante – Italien besonders im Fokus. Die beiden haben ein inoffizielles Italien-Jahr für sich ausgerufen, und jede Woche, wenn wir uns zum Family-Essen treffen, wird Kulinarisches aus Bella Italia ausprobiert und aufgetischt.
Klar, dass da auch entsprechend Italien-Emotion entkorkt werden darf! Ein passender Anlass, um gemeinsam auf Wein-Reise durch Italien zu gehen, und spannende, handwerklich feinste Reben-Soundtracks auf die Auftischungs-Playlist zu nehmen – die beeindruckend schmecken, aber auch zeigen, wie vielseitig, vielfältig und facettenreich die Böden und Anbauregionen des Landes sind.
Die besten Glas-Reise-Aussichten? Ein Pool an Reben-Soundtracks wartet auf mich.
Italien-Rotweine oder: Glas-Reisen für neugierige Entdecker
In dieser Weinkaufsliste stelle ich euch (immer wieder geupdated) Italien-Rotweine für Neugierige und fortgeschrittene Entdecker vor, die die dank classy Handwerk auf eine spannende, facettenreiche und neugierig machende Reise mitnehmen. Gleich vorweg: Diese Weine bewegen sich logischerweise in einer entsprechend handwerklich hochwertigen Preisklasse, beginnend ab rund 20 Euro – dafür wird aber auch eine Glas-Reise eingeschenkt, die mit mitreißendem Preis-Leistungsverhältnis punktet und begeistert.
Bertinga 2017 Toscana
Was haben guter Wein und gute Serien gemeinsam? Sie ziehen einen direkt in den Bann, und auch – oder grade – weil man zu Beginn nicht alles versteht, bleibt man dran, neugierig auf den nächsten Twist. So gings mir mit dem Bertinga 2017, einem ambitionierten Toskana-Rotwein für rund 50 Euro, der einen direkt auf Italien-Reise-Abenteuer mitnimmt. Es ist erst der zweite Jahrgang dieses Rotweins, aber der Betrieb hat es in nur wenigen Jahren geschafft, sich dank eines außergewöhnlichen Terroirs in das Panorama der toskanischen Spitzenweine einzureihen.
Der Bertinga-Abenteuerspielplatz für Wein-Reben in Gaiole.
Die Hügel reichen bis auf 800 Meter über dem Meeresspiegel, und die Böden sind von Alberese geprägt, einer kalkhaltigen Zusammensetzung, die für die Reben so wertvoll ist, dass sie den Weinen einen einzigartigen Charakter verleiht. Der Betrieb verfügt über rund 20 Hektar Rebfläche, aufgeteilt in drei Rebgärten: Vertine, Adine und eben Bertinga, letzterer wiederum unterteilt in fünf Parzellen. Daraus ergeben sich vier charakteristische Weine – der gleichnamige Bertinga ist der Symbolwein des Gutes. Eine kleine Ehre, direkt damit auf Reise zu starten.
Junges Weingut, eleganter Reben-Soundtrack: Der Bertinga 2017 ist Glas-Spaß für Wein-Entdecker.
Hypnotisierende Toskana: Die Nase taucht beim Bertinga 2017 ein in ein elegant-würziges Setting aus Noten von kleinen roten und schwarzen Beeren bis zur Tonkabohne.
Auf den Böden in Gaiole in Chianti können Sangiovese und Merlot ihr Bestes geben, sodass dieser Nimm-mich-auf-Reise-Wein einen Spannungsbogen, aufbaut, irgendwie gelegen zwischen “Dark” und “Fallout”. Um das Geheimnis zu lüften, braucht es Zeit, Sauerstoff und Neugierde. Die Trauben für die Cuvée werden separat vinifiziert, auf den Ausbau von circa 18 Monaten in großen Fässern für den Sangiovese und in Tonneaux für den Merlot folgt eine mindestens vierjährige Reifung in der Flasche. Die Nase taucht ein in ein elegant-würziges Setting aus Noten von kleinen roten und schwarzen Beeren, schaltet hoch ergänzt durch Gewürz- und Unterholz-Nuancen und mineralische Noten, dazu ein Charakter-Twist voller Tonkabohne, bevor ein Roadtrip startet, der sich trocken flowig auf die Zunge legt. Schokolade und Granatapfel dürfen mitspielen, und die letzte Episode erinnert an nonchalanten Whisky. Einlassen, reinstreamen, entdecken.
Bertinga 2017 Toscana, Preis: rund 45 Euro, etwa über bottleofitaly.com
“Poggio Valente 25 anni” Rosso Toscana IGT 2021, Fattoria Le Pupille
Heute mal ein Toskana-Tango auf dem roten Teppich. Zusammen mit den Wein-Experten von sammle ich für einen Blog-Artikel zu Rotweinen, mit denen man classy lernt, durch Italiens Wein-Vielfalt zu reisen. Mit dem “Poggio Valente 25 anni” Rosso Toscana IGT 2021 (ca 30 Euro) gehts zu Fattoria Le Puppile in die Maremma. Dort drehen die Wein-DJs Elisabetta Geppetti und Clara Gentili – Mutter und Tochter – an den Reben-Reglern und mixen super spannende Wein-Soundtracks.
Sollte man als neugieriger Wein-Entdecker unbedingt mal bemustern: Der Poggio Valente ist ein elegantes, charmantes Ticket in die Toskana.
Fattoria Le Pupille war unter der Leitung von Elisabettas Schwiegervater noch mehr ein Bauernhof den ein Weingut. Er baute Gemüse an und züchtete Schafe und Kühe. Nebenbei betrieb er etwas Weinbau und füllte eigene Flaschen ab. Später dann kümmert sich Elisabetta mit Anfang zwanzig Mitte der 1980er Jahre alleine um ihre erste Weinernte. Hartnäckig und charmant setzt sie sich in der Männerdomäne Wein durch. Heute bewirtschaften Elisabetta und Clara insgesamt 80 Hektar Weinberge rund um das kleine Dorf Peretta. Sie sind die Speerspitze einer Bewegung, welche die Maremma als Weinregion von Weltklasse etabliert. Das Weingut selbst liegt in der Gemeinde von Grosseto. Eine moderne Kellerei in einem traditionell gestalteten Gebäude.
Kinoreif: Die Aussicht der Maremma-Weinberge.
Dieser Sangiovese-Hit stammt aus einer Einzellage, und wirkt beim ersten Nasen-Reinhören grazil, fast schüchtern. Mit der ersten Schluck-Schaltung geht die Drehzahl hoch.
Der Sangiovese-Hit “Poggio Valente 25 anni” stammt aus einer gleichnamigen Einzellage in ca. 300 m Höhe. Der elegante Rotwein wirkt beim ersten Nasen-Reinhören grazil, fast schüchtern, nach einer anschmiegsamen floralen und kleinfruchtigen Sangiovese-Nase mit nuancierten Anklängen an Tabak, Zedernholz und Minze. Fast so, als würde man man einer zarten Hand an jene genommen, mit Ninja-Künsten in einen Sportwagen gehoben, der erstmal wartet, bis man angeschnallt ist. Mit der ersten Schluck-Schaltung geht die Drehzahl hoch, man gleitet auf einer feinfruchtigen, bezaubernd aus Kirschen, Schokolade, Lavendel und Vanille geteerten Seiden-Straße charmant Richtung Sonnenuntergang, in der Hoffnung, dort würde eine Flaschen-Fortsetzung warten.
“Poggio Valente 25 anni” Rosso Toscana IGT 2021, Fattoria Le Pupille, Preis: rund 32 Euro, etwa über superiore.de
“Villa Gresti di San Leonardo” Rosso Dolomiti IGT 2018, San Leonardo
Die ca. 300 Jahre alte Tenuta San Leonardo gehört unbestritten zu den Spitzenweingütern des Trentino und ist eines meiner Lieblingsweingüter – sowohl für weiße, als auch rote Reben-Soundtracks. So ein bisschen wie eine Boje im Meer – wirds bei der Wein-Entscheidung mal wieder stürmisch und unruhig, kann man sich an einem Tenuta San Leonardo Wein sicher festhalten. Damit geht man nie baden. 2001 übernahm Carlos Sohn Anselmo Guerrieri Gonzaga die Leitung des Familienbetriebs und ist den hohen Qualitätsanforderungen seines Vaters treu geblieben. Kurz zur geografischen Lage: Die Gebirgskulisse Monti Lessini schützt die Weinberge im Süden Trients vor kalten Nordwinden und das mediterrane Klima vom Gardasee, sowie die optimalen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, schaffen die Grundvoraussetzungen für bestmögliches Wachstum und optimale Reifung der Trauben.
Der Rotwein Villa Gresti richtet sich eher an Neugierige Einsteiger, die ihr erstes Abschlusszeugnis in der Hand haben, und mit etwas mehr Bewusstsein den nächsten Schritt machen möchten – mit rund 28 Euro für diese Italien-Glas-Reise ist der Villa Gresti dafür eine absolut faire Preis-Leistungs-Journey.
Die Maßschneider hinter den eleganten Wein-Dresscodes: Carlo und Anselmo Guerrieri Gonzaga.
Aufgereihte Wein-Abenteuer lagern im Keller des San Leonardo Anwesens.
Nicht nur in der Musik: Duette haben schon immer einen besonderen Vibe, oder? Der San Leonardo Villa Gresti ist eine spannende wie ausgeglichene Cuvée aus Merlot und Carménère, die Neugierige auf eine harmonsiche Reise schickt – weil das Gleichgewicht zwischen Fruchtintensität und Würze sehr stimmig ist.
Geordnetes Chaos im Glas: Villa Gresti ist eine spannende Cuvée aus Merlot und Carménère, die für ein Gleichgewicht zwischen Fruchtintensität und Würze sorgt.
Der elegante, cleane Flaschen-Dresscode spiegelt charmant die finessenreiche, immer classy Wein-Reise im Inneren wider.
Die Nase blättert durch ein aromatisches Foto-Album aus hypnotisierender Würzigkeit, die sofort hineinzieht. Wie ein Song, der beim ersten Anhören sofort catcht. Man meint fast, einen lauen Abend und ein sanft anbratendes Steak in der Ferne zu erschnüffeln. Im Mund kurvt die rote Cuvée mit einem seidigen Temperament über die Zunge wie eine filigrane, aber athletische Eisläuferin – super smooth. Mit jedem Schluck schraubt sich mehr und mehr eine Prise gepfefferte Johannisbeer-Saftigkeit auf die Genuss-Bahn, alles classy, nie überladen. Ein Wein ohne Allüren, aber mit Charakter. Die handwerklichen Details, machen Lust mehr zu entdecken.
“Villa Gresti di San Leonardo” Rosso Dolomiti IGT 2018, San Leonardo, Preis: rund 28 Euro, etwa über www.superiore.de
„Merah“ & „Poggio di Vico“, Castello di Vicarello
Was hat diese doppelte Italienreise im Glas mit Frankreich zu tun? Die Weine des Weinguts Castello di Vicarello – in dem übrigens urlauben kann, das aussieht, also würde 007 dort heimlich zwischen Aufträgen das Leben genießen, und an das ich mich in Fernweh-Momenten gerne für ein Pool-Wein-Date mit Aussicht beame – werden von zwei Generationen der Familie Baccheschi Berti, Carlo und dem ältesten Sohn Brando, hergestellt. Carlo ließ sich von den Weinen aus Bordeaux inspirieren und versuchte, seinen Traum zu verwirklichen, einen toskanischen Wein zu kreieren, der denen des berühmten Terroirs ähnelt. Ich habe mich mit zwei Rotweinen vom Castello di Vicarello zu einem Glas-Reise-Date getroffen – dem Mera und dem Poggio Vico.
Die Weine werden von zwei Generationen der Familie Baccheschi Berti, Carlo und seinem ältesten Sohn Brando, hergestellt.
Castello di Vicarello Merah
Merah, der erste von zwei Weinen, die ich probiert habe, ist ein reiner Sangiovese – Gärung in konischen 3000-Liter-Holzbottichen aus slawonischer Eiche und in Edelstahltanks, danach zum Wein-Abitur Reifung im Tonneaux aus französischer Eiche und in Edelstahltanks, zudem 12 Monate Reifung in der Flasche.
Der Merah vom Castello di Vicarello ist ein Musterbeispiel für Facettenreichtum, der mit auf eine Geschmacksreise durch Italien nimmt.
Der temperamentvolle Rotwein für rund 30 Euro erinnert mich an ein in eine Badewanne voller intensiver roter Früchte gehüpftes Alpaka, das irgendwie schon zum Glas-Kuscheln vorbeikommt, aber man mit dem ersten beinahe wilden Nasen-Kontakt merkt: Das tanzt aus der Reihe. Im Guten Sinn. Der Duft ist ein kurzer Vollwaschgang durch die toskanische Fauna, nach dem ersten Schluck schnurrt das Ding, als ob eine Katze mit Marmeladen-Pfoten aufgesattelt hat.
Einlassen, entdecken, genießen. Den Merah sollte man bewusst genießen.
Der Antrunk ist clean, kühl fließend wie ein Sonnenaufgang, plötzlich kurvt Johannisbeere mit feiner Säure um die Ecke, und lässt den Merah geschmeidig, saftig und Lust auf den nächsten Schluck machend durchs Glas gallopieren. Zum Thema Wein-Reise passt dieser Wein, der sich während dem Genießen immer wieder verändert, und Charakterzüge von blumig über würzig bis balsamisch zeigt, wie die Faust aufs Wein-Glas-Auge. So spaßig kann Obstsalat-Kuscheln sein.
Castello di Vicarello Merah, Preis: rund 30 Euro, direkt über castellodivicarello.com
Castello di Vicarello Poggio Vico
Auf lehmig-tonigen Böden mit Kalkgestein dürfen die Malbec-Trauben für den Poggio Vico dann ihr Abitur machen, bevor es zum Studium und Reifung in Barriques aus französischer Eiche (30% neu) für 18 Monate geht, gefolgt von 12 Monaten Flaschenreifung.Bei allem Temperament, das man mit Südamerika und auch dem Malbec gerne verbindet, bringt diesen classy Wein nicht aus der Ruhe. Temperament hat der Poggio Vico jede Menge, aber der kultiviert-lässige Rotwein spielt das sehr souverän aus. Ein Rotwein für Entdecker, der sich zu keinerlei aromatischen Foul-Spielen hinreißen lässt, egal ob man ihn länger oder kürzer atmen lässt – nix provoziert eine gelbe oder rote Karte. Wobei etwas Durchschnaufen sehr zu empfehlen ist. Ich mag, wie der Wein jedem Neugierigen mit einem rubinroten Willkommensgruß aus Weichseln, eingelegten Zwetschken, Gewürzen, roten kandierten Beeren, Sauerkirschen und sogar bisschen Salzigkeiten die Tür öffnet.
Malbec und die Toskana? Auf zu einer spannenden, eleganten Glas-Reise!
Muster entdeckbar? Der Poggio Vico ist eine Liaison aus reifen Beeren und einer neugierig machenden Säure sowie einer Prise schwarzem Tee.
Höflich würde man als Charakterzug sagen, aber dabei sehr selbstbewusst. Gleitet der Poggio Vico erst einmal die Gaumen-Rutsche hinab, umspült einen eine Liaison aus reifen Beeren und einer neugierig machenden Säure, ich hatte sogar Gedanken an leichten schwarzen Tee. Schön, weil sie diese Prise Cozyness mitbringt: eine begleitende Würzigkeit, ohne je zu überdrehen. Eine wirklich sehr galante Glas-Reise durch die Toskana, bei der man den Alltag auch auf Balkonien super ausblenden kann.
Castello di Vicarello Poggio Vico, Preis: rund 47 Euro, etwa direkt über castellodivicarello.com
Die wichtigste Zutat, um mit Wein auf Reisen zu gehen? Ein Glas voller Neugier.
Ricasoli Chianti Classico Gran Selezione Castello di Brolio
Auch der folgende Wein ist ein gutes Beispiel für die eigene persönliche Entwicklungs-Reise, wenn es um das Abenteuer Obstsalat im Glas geht. Chianti hab ich – den ersten eher abschreckenden Kontakten mit den obligatorischen Supermarkt-Weinen oder den Hausweinen vom Dorf-Italiener geschuldet – zu Beginn meiner Wein-Journey nicht auf der Sexy-Liste vermerkt. Bis man eben merkt: Wenn man im Handwerks-Regal einsteigt, warten dort richtige Schätze auf Erkundung. Das geht eben nur, wenn man unvoreingenommen an die Sache rangeht. Deswegen passen diese Weine auch so gut zur Bedeutung der Reise – im Glas durch Italien, aber auch bei sich selbst, was die eigene Mentalität angeht.
Die Weine des Barone Francesco Ricasoli entstehen auf historischem Terroir in der Toskana, denn das Haus verkörpert über 850 Jahre Weinbautradition. In dem monumentalen Castello di Brolio schlug die Geburtsstunde des modernen Chiantis, als Barone Bettino Ricasoli vor über 100 Jahren Sangiovese als den wichtigsten Bestandteil eines Chiantis ausrief, ergänzt durch Canaiolo und Colorino. Weine wie der Chianti Castello di Brolio oder der rare Casalferro werden von den internationalen Kritikern regelmäßig hoch bewertet und gehören zur Qualitätsspitze der Toskana.
Ein Wein, den man als neugieriger Entdecker bemustern sollte: Die Trauben für diese ausgezeichnete Auslese sind das Produkt der besten Lagen und daher besonders reich an Aromen.
Für das Abenteuer Rotwein-Reise im Glas durch Italien hab ich mich direkt mit dem Klassiker des Hauses auf ein Date getroffen. Ricasoli Chianti Classico Gran Selezione Castello di Brolio ist ein nahezu sortenreiner Sangiovese, lediglich ein Hauch von Cabernet Sauvignon darf noch mit in den Sandkasten aus kalkhaltigem Ton und Sandstein hüpfen und bei der Obstsalat-Party mitspielen. Der Gran Selezione stammt von den Weinbergen, die auf 500 Höhenmetern unmittelbar um das beeindruckend schöne Schloss gelegen sind. 24 Monate darf es sich der Reben-Soundtrack in französischen Eichen-Tonneaux gemütlich machen. Und in dem kurzen Wintterschlaf sammelt der Wein einiges an Charakter an. Der intensive Duft ist von roten Beeren, der typischen Veilchennote und einer schönen Würze wirkt wie ein tiefrötliches, in sich hineinziehendes Meer oder ein Pool aus fein würziger Marmelade. Edel, aber nicht zu erdrückend.
Bewusst genießen: Ricasoli Chianti Classico Gran Selezione Castello di Brolio ist ein Wein, der nur in den besten Jahrgängen hergestellt wird.
Am Gaumen zeigt sich der classy Rotwein fest strukturiert, aber nicht überfallend. Muss man sich eher vorstellen wie das dynamische Autofahren um eine Toskana-Serpentine, bei der die Reifen kompakt in der Spur halten. Der Gran Selezione Castello di Brolio zeigt sich sehr rund, breitet sich sofort aus,hat einen schön trockenen Humor. Erst wirkt es seidig, dann gleitet der Rotwein dahin, der erste Schluck ein Street-Art-Graffitti aus Vanille, Erdbeere, getrockneter Tomate, Schokolade mit Kirsche, alles mit kernigem Druck. Tiefe ist da, Länge ist da, Schmelz ist da – alles aber mit einer unsichtbar wirkenden Leichtigkeit. Unbedingt Luft holen lassen. Jeder Atemzug gibt Power, drückt das Gaspedal bei der Reise mehr durch, und zum Schluss grüßt noch eine flirty, saftige Johannisbeer-Note im Abspann. Wirklich tasty Unterhaltung im Glas.
Ricasoli Chianti Classico Gran Selezione Castello di Brolio, Preis: rund 44 Euro, etwa über hawesko.de
Tenuta di Trinoro Le Cupole 2021
Kennt ihr den Spruch mit dem Haus bauen, Baum pflanzen etc? Zu den Dingen, die man in seinem Leben mal getan haben sollte, müssten Rotwein-Fans noch einen Punkt ergänzen: einen Wein vom Weingut Tenuta di Trinoro probieren. Konjunktiv, weil: Die nach Burgund-Vorbild hergestellten Weine nicht nur wie ein Maßanzug schmecken, sondern eben auch in kleiner Auflage produziert werden und ein entsprechendes Preisschild haben.
Im Val d’Orcia nahe der Grenze zu Umbrien und Latium erdachte und entwickelte der leider 2021 viel zu früh verstobene Kultwinzer Andrea Franchetti einige sehr ungewöhnliche rote Obstsalate. Dabei wählte der Gutsbesitzer als Rohstoffe Bordelaiser Sorten – allen voran Cabernet Franc, aber auch Cabernet Sauvignon sowie Merlot und ein wenig Petit Verdot.
Zum Glück hat das Weingut auch eine kleine Einsteiger-Ausgabe für Fortgeschrittene im Angebot. Die aber auch schon ein Fall fürs Festtags-Budget ist, so fair muss man sein. Die Cuvée Le Cupole aus Cabernet Franc, Merlot, Cabernet Sauvignon und Petit Verdot ist wie ihre großen Geschwister kein Wein für jeden Tag, aber ein Feiertag für Duft- und Geschmacksjäger.
Ein Italien-Rotwein für Entdecker, bei dem alles im grünen Bereich ist. Der Tenuta di Trinoro Le Cupole 2021 ist die Einsteiger-Ausgabe des berühmten Weinguts.
Einen Trinoro-Wein zu probieren ist schon Grund zum Anstoßen allein. Und danach kann man mit einem Glas in der Hand wunderbar drüber reden. Der 8 Monate in französischen Eichenholzfässern und 11 Monate in Zementtanks gereifte Le Cupole duftet nach Kamin und Sonnenstrahlen zugleich. Er gallopiert samtig easy über die Zunge ins Herz. Wichtig: dabei Zeit lassen. Je länger der Rotwein aus der Toskana im Mund schaukelt, desto mehr Aromen springen auf die Tanzfläche.
Der Italien-Rotwein Le Cupole überzeugt mit schönem Schnitt, feinen Details und folgt einem klaren Muster: unaufgeregter Eleganz.
Wie das riecht und schmeckt? Stellt euch vor, ihr schließt die Augen, träumt euch auf ein kleines Häuschen auf einem toskanischen Hügel, geht auf die Terrasse, lehnt euch dort auf einer bequemen, tiefen Couch entspannt zurück, und versinkt in eine Decke aus dunklen Früchten, Leder, gegrillten Kräutern, Lavendel, Kirschen, Brombeeren, Pflaumen und Zartbitterschokolade. Bisschen wie eine tagelang eingemachte, dunkle Sauce, in der Kalbsbäckchen zum Schmoren baden würden. Das Ganze aber in einem flowigen, relaxten Dresscode. Was auch für den Geschmack gilt. Da kommt der Rotwein für neugierige Entdecker eher wie eine nonchalant gechippte Flanke von Andrea Pirlo in den Gaumen-Strafraum, fein akzentuierte Textur, dicht, aber nicht erschlagend, eher mitziehen, dank einer schönen Saftigkeit, die sich grinsend dazugesellt. Eine italienische Glas-Reise mit Trinkzug, der nie zu spät kommt.
“Le Cupole di Trinoro” Rosso Toscana IGT 2021, Preis: rund 31 Euro, etwa über superiore.de
Pio Cesare Nebbiolo 2020
Immer positiv denken beim Einschenken! Pio Cesare war einer der ersten Winzer, der an die hohe Qualität und das Potenzial von Barolo, Barbaresco, Barbera und anderen Weinen des Piemont glaubte. Das bereits im 19. Jahrhundert von ihm unter dem eigenen Namen gegründete weltberühmte Traditionshaus hat auch heute noch seinen Sitz in der Altstadt von Alba. Die Mauern der Keller stammen aus der römischen Kaiserzeit.
Die Pio Cesare Weinberge liegen im Barolo-Gebiet in Serralunga d’Alba, Grinzane Cavour, La Morra sowie in Barolo und Novello, in den Barbaresco-Gebieten in Treiso und weiteren ausgesuchten Anbauzonen in Diano d’Alba, Sinio und Trezzo Tinella.
Heute ist die Traditionskellerei in der sechsten Generation in Familienbesitz. Mittlerweile ist das Erbe von mehr als 40 Jahren enthusiastischer Arbeit auf die Tochter von Pio, Federica Boffa, übergegangen. Zusammen mit ihrem Cousin Cesare Benvenuto und ihrem Onkel Augusto Boffa steht sie nun am Dirigentenpult des Weinguts, mit Unterstützung von Önologe Paolo Fenocchio. In den Weingärten von Pio Cesare gedeihen Nebbiolo, Barbera und Dolcetto neben anderen – zumeist heimischen – Rebsorten. Und genau so einen Nebbiolo hab ich mir mal zur Kostprobe angelacht.
Bei Pio Cesare ist classy Entkorkung eine Famlien-Angelegenheit – mit Federica Boffa Pio jetzt in der 5. Generation.
Würde man bei der Rotwein-Reise mit dem Pio Cesare Nebbiolo Langhe DOC 2020 nach einer Wettervorschau suchen, könnte ich jedem Neugierigen versichern: Dynamisch sonnig, und wenn, dann regnet es hier maximal unterhaltsame Reben-Abenteuer ins Glas. Der Rotwein aus dem Piemont ist auf jeden Fall ein lebendiger, eleganter Vertreter seiner Art. Nicht wirklich schüchtern, eher höflich abwartend, wie die ersten Atemzüge im Glas-Club ausfallen, steppt er langsam auf die Tanzfläche mit einem fein gewürzten Soundtrack aus Erdbeere, schwarzen Kirschen, Himbeeren und Veilchen. Dann ein kurzer Hüftschwung mit Vanille, und das Ding ruft: Trink mich intensiver!
Vom Fleck weck unterhaltsam: Der Pio Cesare Nebbiolo Langhe DOC 2020 aus dem Piemont ist auf jeden Fall ein lebendiger, eleganter Vertreter seiner Art.
Der Rotwein tanzt durchs Glas, immer im Takt und einem perfekten Gleichgewicht von Frucht, Säure und Tanninen.
Einmal quer durch den Gaumen gehüpft, legt sich der Pio Cesare Nebbiolo Langhe DOC 2020 seidig, aber mit trockenem Humor auf die Zunge, schüttelt ein paar Pfeffer-Twists aus dem Ärmel und tänzelt dann vollmundig weiter. Immer elegant im Takt und einem perfekten Gleichgewicht von Frucht, Säure und Tanninen. Mir gefällt, wie dann noch Johannisbeeren und Pflaumen zum Duett antanzen, ohne dass es auf dieser Glas-Reise je kitschig oder schwerfällig wird. Absolut fairer Preis-Leistungs-Glas-Tänzer.
Pio Cesare Nebbiolo 2020, Preis: rund 27 Euro, etwa über www.superiore.de
Castello di Querceto Chianti Classico Riserva 2020
Das ziemlich fotogene Weingut und Schloss Castello di Querceto liegt nordöstlich im Chianti Classico, in einem kleinen Tal (im Greve in Chianti). Geborgen in den typischen Toskanischen Colline (Hügeln) auf einer Höhe von ca. 470 m ü.M. liegt das geschichtsträchtige Castello di Querceto. 190 ha Land, davon 60 ha Weingärten, 5 ha Olivenhaine und der Rest unberührte Waldlandschaft gehören seit 1978 Besitzer Alessandro François. Sie Weinlagen befinden sich auf einer Höhe zwischen 350 und 520 Metern über dem Meeresspiegel und die Lagen verlaufen in einem Bogen von Osten nach Süden und dann nach Westen. Der überwiegende Teil der Rebstöcke besteht aus roten Trauben, unter denen der Sangiovese hervorsticht, flankiert von Canaiolo, Colorino, Cabernet Sauvignon, Petit Verdot, Syrah, Merlot und anderen autochthonen Sorten. Zu den weißen Rebsorten gehören Malvasia del Chianti, Trebbiano Toscano, San Colombano und Chardonnay. Ich hab mir den Sangiovese-Soundtrack Castello di Querceto Chianti Classico Riserva 2020 eingeschenkt.
Bitte aus nächster Nähe mustern! In der Nase legt der Sangiovese elegant-feinwürzige Beats wie ein Sprühnebel aus Kirsche, Brombeere, Lebkuchen oder Schokolade auf die Tanzfläche.
Wie klingt Kuschelrock in Flaschen? Der Castello di Querceto Chianti hat ein feines, nonchalantes Temperament, immer wieder klopfen frische Noten an, dunkle Frucht bestimmt den Refrain.
Oldschool? Mitnichten! Auch wenn Chianti gerne noch mit altbackenen Vibes verwechselt wird, zeigt dieser Toskana-Flaschen-Flirt, wie anziehend man die Region aktuell entkorken kann. Mich erinnert der Chianti Classico Riserva 2020 vom Weingut Castello di Querceto an Musik von The Weeknd. 80er Vibes, aber der Reben-Soundtrack kommt hypnotisierend modern vertont um die Ecke. In der Nase legt der Sangiovese elegant-feinwürzige Beats wie ein Sprühnebel aus Kirsche, Brombeere, Lebkuchen oder Schokolade auf die Tanzfläche. Entspannt, aber mit marschierendem Tempo. Je länger man sich das im Glas anhört, desto dichter und schmelziger wird das Ding, ohne schmalzig zu werden. Der Rotwein hat ein feines, nonchalantes Temperament, immer wieder klopfen frische Noten an, dunkle Frucht bestimmt den Refrain. Nach einer Hook aus Johannisbeere breitet sich eine Saftigkeit aus, ein Drum-Set aus Oliven oder Wacholder, Zug nach vorne. Ein eleganter, aber drinky Wein für knapp unter 20 Euro, der Anklänge von Toskana-Ohrwurm mitbringt. Chartreif!
Castello di Querceto Chianti Classico Riserva 2020, Preis: rund 17 Euro, etwa über mair-mair.com
*Mit Unterstützung von Samples und Thurner PR, Updates von zeit zu Zeit
