Ein weiser Politiker hat mal gesagt: Ein kluger Mann macht nicht alle Fehler selbst. Er gibt auch anderen eine Chance. Und please: Wir sind alle Menschen. Und wir machen alle mal Fehler. Nur wer Fehler macht, kann daraus lernen. Sei es eine beschissene Frisur oder der Liebe seines Lebens nie zu sagen, dass sie das ist. Jetzt ist das Leben halt nur kein Computer-Spiel, bei dem man einfach beliebig oft neu starten kann oder einfach zu letzten passenden Spielstand zurückspringt. Wenn was passiert, passiert’s. Und mal schnell wie in „Dark“ durch die Zeit zu reisen und meinem früheren ich eine gediegene Ohrfeige zu verpassen, bevor ich dann schnell das Geschehene korrigiere, ist halt auch noch nicht drin. Mein 90er-Ich darf da bleiben, wo es ist.
Auch Outfits darf man mal eine 2.Chance geben. An einem anderen Tag fühlt man es manchmal einfach mehr.
Ob Scherben Glück oder Unglück bringen, liegt an uns
Wenn wir was versemmelt haben, gibt’s zwei Optionen: Weitergehen, die Scherben auf dem Boden lassen und nicht weiter dafür interessieren, ob sie jemand wegmacht und wer. Oder: Selbst aufräumen und entschuldigen. Zugegeben: Das ist die wesentlich herausfordernde Variante. Über den eigenen Schatten springen (Auch lesen: Wovor ich Angst habe) und ehrlich Sorry sagen beziehungsweise einzugestehen, dass man’s verbockt hat, erfordert echt Überwindung. Und dann gibt’s eben Verbockungen, bei denen man sich die Frage stellt: Lässt man es? Oder macht man weiter –und gibt demjenigen noch eine Chance?
Mein bester Freund und ich sind noch beste Freunde, weil wir uns im Lauf der Zeit beide eine (oder mehrere) 2.Chance gegeben haben. Und es war die absolut richtige Entscheidungen. Ich habe sehr guten Freunden eine 2.Chance gegeben, teils im Nachhinein unverständlicherweise mehrmals, die das dann als selbstverständlich genommen haben – und den gleichen Mist kurze Zeit später wieder gebracht haben. Und wenn jemand Freundschaft so anders auslegt, hab ich mich entschieden aufzulegen. Schade um die gemeinsame Zeit, klar. Aber wenn dir was schadet, muss man manchmal die Reißleine ziehen.
Mode-Fehler? Sollte man machen. Es dauert einfach, bis man seinen eigenen Stil findet.
2.Chance oder: nicht jede Chance Gramm für Gramm abwiegen
Ich finde: Freundschaft und Beziehung ist keine Bilanzbuchhaltung, bei der sich am Ende alles 1:1 ausgehen muss und jeder etwas Getanes immer sofort im gleichen Wert zurückgeben muss. Oder noch besser: meint, der andere würde mit einem gewissen Wert in seiner Schuld stehen und man könnte sich in dem Gegenwert so einiges leisten, ohne dass der andere das recht hätte, böse zu sein. Mit Leuten, die so eine Einstellungen, fiel es mir nicht schwer, die 2.Chance zu behalten und sie gehen zu lassen. Die Frage ist nämlich: Wie viel man sich selbst wert ist!
Das einzige, das man sich nicht verzeihen kann, ist es nicht zumindest versucht zu haben.
Ob man Chancen gibt oder Chancen bekommt: Man weiß nicht, wie viele noch folgen.
Die Entscheidung für eine 2.Chance (oder eine dritte) sollte man eh nie aus der Emotion heraus treffen. Das hab ich für mich gelernt. Emotionen sind gut, aber leider oft ein unparteiischer Berater. Also: Lieber kurz auf Distanz gehen und das in Ruhe mit sich klären. Ich frag mich auch oft: Was hätte ich an Stelle des anderen gemacht? Und ich frag mich auch oft: Hätte ich mir selbst verziehen? Hätte ich gesagt: Hey, abgehakt, starten wir neu? Ich glaube manchmal: nein. Eine Person hat mir mittlerweile die 4.Chance gegeben, auch wenn der Spielverlauf kompliziert war, bin ich dafür einfach von ganz tief drinnen dankbar.
Etwas zu schätzen wissen ist gut, ist das eine. Aber man darf nicht glauben, dass es der Chancengeber auch telepathisch spürt. Also raus, Angst überwinden und es richtig deutlich sagen, besser noch: zeigen. Hab ich auch lernen müssen – oder bin noch mitten dabei. Bis das Zeitreisen erfunden wird, sollte man bei wichtigen Menschen jede Chance nutzen. Oder geben, wenn man merkt: Die Reue ist echt. Wenn ein Fehler verziehen wird, ist das nicht selbstverständlich. Aber das sind wirklich gute Freundschaften oder Beziehungen sowieso nicht.