Es gibt ja echt viele Dinge, die Überwindung kosten. Fragwürdige Delikatessen probieren, aus 100 Metern Bungee jumpen, die Traumfrau ansprechen, den Bachelor schauen. Aber die Endgegner-Überwindung ist, wenns persönlich wird, im Klartext: Zugeben, wenn man Scheiße gebaut hat.
Im schlimmsten Fall ist die Konsequenz des Gegenübers dann Hass. Im allerschlimmsten Fall find ich aber: Enttäuschung. Beziehungsweise: berechtigte Enttäuschung. Und das gibt bei mir dann echtes Kopfgeficke.
Lange aufgebaut, in zwei Sätzen eingerissen
Ein unbedachtes Wort zu viel, mal blöd verplappert, eine Reaktion zu wenig, wichtigen Termin vergessen, oder ein wichtiges Versprechen gebrochen: In dem Moment wars vielleicht gar nicht bewusst, manchmal nicht mal in der nächsten Zeit. Und irgendwann realisiert man dann: Das war Scheiße. Und hat der Person echt heftig was bedeutet. Nur ist es dann halt nicht mehr rücknehmbar. Nicht mehr zu retten. Lange was aufgebaut, in zwei Sätzen eingerissen. Glückwunsch. Mir persönlich liegt sowas ja echt derbe lang im Magen. Selbst nach Jahren – auch, wenn da draußen Meinungen vorherrschen, ich hätte meine Emotionen vor langer Zeit mal an der Fuckboy-Garderobe abgegeben und nie wieder abgeholt.
Die Leute muss ich dann mal absichtlich enttäuschen. Ich bin sicherlich keine Person, die mit Emotionen hausieren geht, und filter die Gefühlsausdrücke mehr als manche Insta-Photoshop-Queens. Aber deswegen sind sie trotzdem da. Und Enttäuschungs-Gedanken sind die uncoolsten Mieter im Kopf.
Was zum nächsten Step bringt. Reparieren. Dafür braucht man keine Handwerksausbildung, man muss den Arsch hochkriegen, über den Schatten springen und den Mund aufmachen. Kostet halt Überwindung. Weil um Verzeihung bitten oft schwieriger ist als angetrunken mit Autokorrektur seriöse Nachrichten zu tippen. Oder sich in der heutigen Zeit mal fest auf jemanden einzulassen. Besonders, wenn es um Menschen geht, die einem wichtig sind.
Erlaubnis erteilt
Was man auch sagen muss: Ich bin ein Freund von Direkt sein und Ehrlichkeit. Da bleibts nicht aus, dass Personen enttäuscht sein werden. Verabredung absagen, weil ich grad nicht in Stimmung bin und mir der Ausgang nicht gut tun würde? Ja. Jemand ist nicht mein Typ? Ja, ist doch ihr gegenüber nur fair. Eine Bitte nicht ausschlagen, auch wenn es eigentlich nicht geht? Ja. Was passiert denn, wenn ich die Erwartungen anderer enttäusche? Mach ich das dann nur, um andere nicht zu frustrieren? Nicht zu verletzen? Wenn ich jemand auf die Frage nach einem Status leider nicht die gewünschte Antwort geben kann, auch wenn ichs selbst gern würde – und nur ein unerklärbares Mini-Prozent Irgendwas dazwischen liegt, das den Spielverderber spielt, ist das beschissen für beide. Unabsichtlich jemand wichtigen enttäuschen? Trifft mich hart wie ein Eishockey-Schlagschuss in die Badehose. Und der geht nicht am Arsch vorbei.
Handeln, wie man selbst behandelt werden möchte
Man ist ja nicht enttäuscht, von dem, was der andere tut (oder halt nicht tut), sondern nur über die eigene Erwartung an den Anderen. Und wenn ich was von anderen erwarte, gilt das umgekehrt ebenfalls. Was mich dann umso mehr nervt, wenn ich der Enttäuschende bin. Punkt. Dürfen sich Personen angesprochen fühlen? Ja. Musste ich mich überwinden, das zu schreiben? Durchaus. Schäm ich mich für Ehrlichkeit? Nein.