Was haben Hausbar und Smartphone oder PC gemeinsam? Alle lieben Updates. Bei den technischen Geräten ist das meist wenig Spaß, und recht langsam, bei der Hausbar kanns gar nicht oft genug flüssig laufen. So wie bei diesem Spirituosen-Neuzugang (Klick: Neuzugänge für eure Hausbar) hier, den ich frisch entdeckt habe. Whisky gibt es ja in allen Ausdrucksformen: rauchig, sehr torfig, fein, cremig, mit Honignoten oder doch eher Toast, stark, zugänglich – und dann gibt es da noch das Fachgebiet, bei dem viel zusammenkommen muss: die Eleganz. Und ich hab lange nicht mehr so einen eleganten Whisky getrunken, wie den Kentucky Straight Bourbon Finished in Port Wine Barrels von Angel’s Envy. Die Faszination mag auch daher rühren, dass meine Wein-Macke gekitzelt wurde. Denn der Bourbon hatte ein schönes Date mit ehemaligen Portweinfässern. Die stehen bekanntlich dafür, dem Inhalt eine Massage mit Aromen nach Trockenfrüchten zu geben, und ja: Der Angel’s Envy ist „Suits“ abgefüllt in ebenso classy Flaschen. Wie das genau schmeckt und welche Idee hinter der Marke steckt, hab ich selbst probiert und euch hier mal zusammengeschrieben.
Angel’s Envy: die Philosophie
Angel’s Envy ist ein Hersteller von handgefertigten, nachgereiften Whiskeys in kleinen Chargen mit Sitz in Louisville, Kentucky (USA). Das Unternehmen wurde 2010 vom mittlerweile verstorbenen Master Distiller Lincoln Henderson und seinem Sohn Wes Henderson gegründet. Heute führen Wes Henderson und seine Söhne das Familienerbe fort und produzieren das Kernsortiment der Marke – Kentucky Straight Bourbon Finished in Port Wine Barrels, Rye Whiskey Finished in Caribbean Rum Casks und einen jährlich abgefüllten Cask Strength Bourbon Finished in Port Wine Barrels sowie verschiedene innovative Sondereditionen. 2016 öffnete Angel’s Envy seine Destillerie für die Öffentlichkeit und war damit die erste Brennerei mit voller Produktion in der Innenstadt von Louisville. Die familiengeführte Destillerie ist bekannt dafür, dass sie als eine der ersten die Technik des doppelten Reifungsprozesses beim Bourbon einsetzte, um dem Whiskey mehr Tiefe und Komplexität zu verleihen – eine Methode, die traditionell bei der Scotch-Produktion angewendet wird.
Clean, reduziert und trotz runder Linien voller tasty Ecken und Kanten: der Angel’s Envy aus dem Portweinfass.
Herz des Bourbons: die Distillery in Louisville, Kentucky.
Die zeigt sich von innen so modern wie geschmackvoll zugleich. Whisky geht eben mit der Zeit.
Wie viel Zeit man wohl benötigt, um so einen Whisky von der ersten Idee bis zur finalen Abfüllung zu bringen? Wie lange muss man probieren, mischen, probieren, probieren, probieren, bis man ein ausgewogenes Produkt hat, mit dem alle zufrieden sind? Das bleibt natürlich größtenteils ein Geheimnis. Was mir aber von Yukon Isik, dem Whisky Guardian von Angel’s Envy, verraten wurde, der mir noch weitere Interview-Fragen beantwortet hat: Es wurden viele verschiedene Fässer für das Finish ausprobiert, Portweinfässer waren die perfekte Wahl für ihren Bourbon. Und es dauerte etwa 2 Jahre – zwischen 2009 und 2011. Der Rest liegt dann in der Flasche. Und der Name? Der Prozentsatz von fünf Prozent der Spirituose, der während der Fassreifung durch Verdunstung verloren geht, wird traditionell als „Angel’s Share“ bezeichnet. Nachdem er seinen fertigen Bourbon verkostete, scherzte Lincoln Henderson damals, dass er mit dem Destillat, das im Fass übrig bleibt, endlich einen besseren Deal als die Engel gemacht hätte – Angel’s Envy (Der Neid der Engel) war geboren. Findiges Kerlchen, der Dude.
Angel’s Envy: Einblicke und Interview
Whisky ist ja immer auch ein echtes Stück Gesprächs-Stoff, daher hab ich mich gefreut, dass mir Yukon Isik, Whisky Guardian von Angel’s Envy, ein paar Einblicke in die Produktion von Angel’s Envy gegeben hat, aber auch Einsteiger-Tipps, wie man den Angel’s Envy Kentucky Straight Bourbon Finished in Port Wine Barrels am besten probiert. Das hab ich dann auch getan – meine Meinung lest ihr dann weiter unten.
Schöner Schwung: Die Flasche des Angel’s Envy Bourbon ist was fürs Auge. Der Inhalt: ebenso geschmackvoll.
Wie wichtig sind Design und Stil? Die Angel’s Envy Flasche erinnert mich an ein schickes Parfüm.
Sie sind sehr wichtig. Unser Motto bei Angel’s Envy ist „Revere Tradition. Embrace Progress.“ Das steht sogar auf der Außenseite unserer Destillerie. Unsere Gründer beschlossen, sehr innovativ zu sein und gleichzeitig die Geschichte des Bourbon zu respektieren. Lincoln selbst arbeitete fast 50 Jahre in der amerikanischen Whiskey-Industrie, bevor er Angel ́s Envy gründete. Für seine Leistungen wird er sogar in der Bourbon Hall of Fame geehrt. Er selbst ist also Teil dieser Geschichte. Die Flasche, das Logo und die einzigartige Schriftart, die für Angel’s Envy geschaffen wurde, tragen dazu bei, diese Verschmelzung von Geschichte – die Schrift im Art-Déco-Stil – und Innovation zu transportieren – mit dieser eleganten Flasche, die sich völlig von der traditionell verwendeten Form unterscheidet.
Was macht für Sie die Faszination von Bourbon aus?
Mir persönlich gefällt die Vielfalt der Kategorie. Es gibt sehr gut produzierte Basisprodukte, Super-Premium-Bourbons wie Angel’s Envy und vieles dazwischen. Da Bourbon aus einer Vielzahl von Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Gerste und natürlich Mais hergestellt werden kann, der mindestens 51 % der Maische ausmachen muss, kann das Geschmacksprofil zwischen den verschiedenen Marken sehr unterschiedlich sein. Der interessanteste Teil, der zum Geschmack des Endprodukts beiträgt, ist die Reifung. Und auch hier haben die Hersteller unendlich viele Möglichkeiten: Wie lange sie den Bourbon reifen lassen, der Verkohlungsgrad des Fasses, das Toasten des Fasses und in unserem Fall sogar ein Finish durch Zweitreifung in gebrauchten Rubinportweinfässern.
Bourbon hat in den USA, dem Heimatland von Angel’s Envy, eine reiche Geschichte und Tradition. Wie gelingt der Mix aus Erbe und Zukunft?
Bourbon ist die Nationalspirituose Amerikas. Er darf nur in den USA hergestellt werden, und was bei der Herstellung erlaubt ist und was nicht, ist sogar im US-Gesetz verankert. So muss beispielsweise nach der Destillation ein neuer Behälter aus verkohlter Eiche verwendet werden, um das Destillat aus mindestens 51 % Mais reifen zu lassen, damit man es Bourbon nennen darf. Vor der Destillation gehen viele Marken unterschiedlich vor, wenn es um das Mahlen des Getreides, das Kochen der Maische und das Fermentieren geht. Einige verwenden für diese Schritte offene Holzbehälter, was die traditionellere Methode ist, während wir mehr Kontrolle über diese Prozesse haben wollen und daher in diesen Phasen geschlossene Edelstahlgeräte verwenden. Unsere Gründer Lincoln Henderson und sein Sohn Wes dachten sich, warum nicht noch einen Schritt weiter gehen und eine Technik, die in der Scotch-Welt bereits bekannt war, auf Bourbon anwenden. Im Jahr 2009 begannen sie als Erste damit zu experimentieren und brachten 2011 unser Flaggschiffprodukt, den Angel’s Envy Kentucky Straight Bourbon, der in Portweinfässern gereift ist, auf den Markt. Zunächst gab es viel Widerstand, aber jetzt ziehen viele andere Marken nach. Bei Angel’s Envy sagen wir „Always Finished. Never Done.“
Mit den neuen Generationen kommen auch neue Trends, neue Geschmacksinteressen – eine Herausforderung?
Traditionell ist Bourbon eher süß im Geschmack und ziemlich stark alkoholisch. Aber die Leute wollen heutzutage etwas Aufwändigeres, Vielschichtigeres und Feineres. Vor allem Kunden, die auch kulinarisch auf der Höhe der Zeit sind und gerne fein essen. Angel’s Envy Bourbon eignet sich sehr gut für Cocktails, wurde aber auch mit Blick auf diese neue Kundengruppe und für den puren Genuss entwickelt. Das Finish in Ruby Portweinfässern fügt dem Bourbon sehr subtile Schichten von getrockneten Früchten, einige sehr weiche Tannine und einen besonders lang anhaltenden Abgang hinzu und macht ihn besonders geeignet für Dinner Pairings und Menschen, die eine Vielzahl von Geschmacksschichten in den Produkten, die sie konsumieren, entdecken wollen. Wir bringen auch jedes Jahr einen Single Barrel Bourbon heraus, den wir in Fassstärke verkaufen, und wir haben jedes Jahr eine sehr limitierte Sonderabfüllung – dieses Jahr war es ein 10 Jahre alter Rye Whiskey, der in Ice Cider Cask gereift ist.
Macht direkt Appetit auf eine Kostprobe: The Finishing Room, der Event-Raum in der Angel’s Envy Distillery.
Elegant edel ist auch die Architektur in der Angel’s Envy Distillery, hier die Lounge.
Kleine Verkostungsanleitung: Wie sollten Anfänger an den Angel’s Envy Bourbon aus dem Portweinfass herangehen?
Wenn ihr eine ungeöffnete Flasche habt, würde ich sie ein wenig öffnen, bevor man sie probiert. Der Korken schließt die Luft aus, und der Bourbon muss ein wenig atmen können. Das mildert den ersten Eindruck erheblich. Stellt sicher, dass ihr ein schön geformtes Glas mit einem runden Bauch und einer schmaleren Öffnung habt, in dem die Aromen in die Luft diffundieren und sich oben konzentrieren können. Es sollte sauber und frei von jeglichen Gerüchen sein.
Danach etwa 30-50 ml einschenken, denn ihr wollt ja mindestens zwei Schlücke nehmen.
Fangt dann an, den Bourbon zu riechen, indem ihr eure Nase etwas weiter vom Glas entfernt haltet. Wenn eure Rezeptoren noch frisch sind, könnte der Alkohol das Gefühl von Brennen hervorrufen und man würde weniger schmecken. Deshalb: langsam an die Sache herangehen. Der Geruch kann sich von fruchtig und frisch zu nussig, mit Karamell und viel Vanille verändern.
Der erste Schluck ist für mich immer nur ein Mundwasser. Außerdem tut der erste Schluck bei mir immer ein bisschen weh. Aber das ist normal und ein gutes Zeichen.
Der zweite Schluck ist derjenige, der zählt: Nehmt einen großen Schluck und bewegt ihn im Mund, so dass alle Stellen bedeckt sind. Gerne auch Kaubewegungen machen. Ich empfehle, dies 10-20 Sekunden lang zu tun.
Bevor man den Bourbon schluckt, tief einatmen, schlucken und dann durch die Nase ausatmen, wobei der Mund leicht geöffnet sein sollte. Zuerst werdet ihr die süßen Aspekte schmecken. Aber je länger der Genuss dauert, desto komplexer werden die Aromen, die es zu entdecken gibt. Vielleicht etwas Toast, Madeira oder anderen Süßwein und einige Gewürze.
Welches sind die wichtigsten Aromen/Noten dieses Bourbons und wie werden diese erreicht?
Die wichtigsten Aromen sind Trockenfrüchte, Rosinen, dunkle Schokolade, Vanille und Madeirawein. Die Vanille und die anderen kräftigen und süßen Aromen stammen hauptsächlich von der Reifung in Eichenfässern. Wir rösten unsere Fässer einige Minuten lang über Holzfeuer, um einige der aromatischen Komponenten der amerikanischen Weißeiche in etwas Angenehmeres zu verwandeln. Zum Beispiel Lingnin in Vanillin. Außerdem karamellisiert es den natürlichen Zucker im Holz. Durch die Verkohlung wird das Holz für den Whiskey geöffnet, so dass es während der Reifung zu einem Geschmacksaustausch kommen kann, und außerdem wird dem Endprodukt etwas Rauch hinzugefügt.
Die subtileren und komplexeren Aromen werden während des Finishs in unseren Portweinfässern hinzugefügt. Sie bringen die Trockenfrüchte und den Wein auf den Tisch. Generell kann man sagen, dass bei Bourbon 60-80% des Geschmacks aus der Reifung stammen. Die ersten 20-40 % kommen von der gewählten Maische, der Art und Weise, wie Sie Ihr Getreide kochen, wie Sie Ihre Maische fermentieren und wie Sie destillieren.
Elegante Hülle, eleganter Inhalt: ein mehr als ästhetischer Neuzugang für die Hausbar.
Angel’s Envy im persönlichen Tasting
Wie dieser Charmebolzen mit den gläsernen Rundungen nun schmeckt? Erstmal flirtet der Inhalt sehr straight mit der Nase. Der Duft: ungewohnt für einen Whisky. Rotwein trifft Bourbon, mir springen Bilder von einem Designer-Chalet in den Bergen in den Kopf, ein grauer, feiner Anzug, der Stoff gleitet sanft aber mit Struktur durch die Hände, leichtes Feuer im Kamin, auf dem Teller als Vorspeise ein Carpaccio … Gute Spirituosen entführen direkt in einen eigenen Vibe, setzen eine Szenerie auf – und diesem Glas-Charmeur gelingt das vortrefflich. Auch in Drinks – aber dazu gleich mehr.
Anschmiegsamer Gesprächsstoff: der Kentucky Straight Bourbon Finished in Port Wine Barrels.
Der Geschmack zeigt eine klare Linie, ist elegant gewebt, und überzeugt mit feinen fruchtig-schokoladigen Portwein-Twists.
Im Geschmack tanzen dann getrocknete Früchte von Zitrone bis Pflaume durchs mentale Chalet, bisschen Bitterschokolade hier, bisschen Vanille da, vor allem aber die Anklänge an Wein schimmern immer wieder durch. Der Angel’s Envy aus dem Portweinfass hat eine sehr kultivierte Würze, kommt smooth und mit Zug an, nimmt Tempo auf, lässt sich an den richtigen Stellen Zeit. Würde ich „Suits“ neu drehen, hätte dieser Bourbon einen Stammplatz in der Büro-Hausbar. Und wer eher Lust auf After Work Vibes hat: Ich hab den Whisky in Kombination mit einer feinen Shisha probiert. Da ist mehr Zug als auf manchen Schienen. Bei einem Angel’s Envy Event in München konnte ich mich auch davon überzeugen, wie dieser elegante Bourbon seinen Charakter in Drinks zur Geltung bringt. Jetzt bin ich ja mehr Wein-Liebhaber und Drinks müssen schon viel mitbringen, um mich zu reizen – aber die zwei Mixes, die das Team da ins Glas gebracht hat, standen dem puren Genuss in Sachen Schienen-Zug in nichts nach.
Wer zu Hause nachmixen mag:
The French Connection
- 1. 45ml Angel’s Envy Bourbon Finished in Port Wine Barrels
- 2. 20ml St-Germain Holunderblüten-Likör
- 3. 20ml Verjus (Saft unreifer, saurer Trauben)
- 4. Auf Eis verrühren und in einen Tumbler
- auf einen großen Eiswürfel abseihen.
- 5. Mit einer Blüte garnieren.
Angels on the Peach
- 1. 50ml Angel’s Envy Bourbon Finished in Port Wine Barrels
- 2. 10ml frisch gepresster Zitronensaft
- 3. Mit Schweppes White Peach auffüllen.
- 4. In einem Highball-Glas mit Eis mischen.
- 5. Mit einer Pfirsichscheibe und frischer Minze garnieren
Hut Trio: die Brothers from a different mother, Yukon Isik (Brand Ambassador Angel’s Envy) und Steffen Zimmermann (Brand Ambassador Schweppes) in Aktion. Ich fokussiere mich aufs Probieren.
Bevor man Whisky in Drinks bestellt, den Hauptdarsteller immer erst mal pur probieren!
Mein Angel’s Envy Finished in Port Wine Barrels Drink Favorit: der Angels on the Peach mit Schweppes White Peach und Zitronensaft.
Der Angel’s Envy aus dem Portweinfass entfaltet sich auch als Basis von Drinks, probiert diesen eleganten Flaschengeist aber unbedingt erst pur!
Wer neugierig ist, Lust an Spirituosen hat und neben den rauchigen Kollegen mal die entspannt-elegante Bourbon-Schiene fahren möchte, dem sei der Angel’s Envy auf jeden Fall empfohlen. Klar ist jedoch auch: Mit rund 70 Euro ist die äußerst dekorative Flasche jetzt kein Schnellschuss für Einsteiger, die sich gerade erst rantasten. Aber weil wir Neid ja vermeiden wollen, rate ich: den Angel’s Envy am besten gemeinsam kaufen und fair teilen.