Vorher – nachher Look XXL: Die Ten Years Challenge prügelt durch Social Media und man fragt sich unweigerlich: Hab ich was aus mir gemacht? Und nach welchen Kriterien wird da eigentlich beurteilt?
Früher war safe nicht alles besser, halt anders. Oder? Im Netz macht ja gerade die Ten Years Challenge die Runde. Das Bilder-Prinzip ist einfach: Links vorher, rechts heute. Im besten Fall sieht man eine krasse Veränderung. Gut, bei manchen grübelt man auch: Ist das die selbe Person? Wenn ja: Wie ging das, was kostet es und wo soll das noch hinführen?
Ich bin jetzt nicht der Fan davon, jeden Trend mitzumachen. Aber das Ten Years Challenge Meme bringt zum Nachdenken: Was hab ich 2009 gemacht? Wie sah ich damals aus? Hab ich auch ohne Miracle Morning was aus mir gemacht?
Anders gefragt: Muss ich was aus mir gemacht haben? Muss ich eine bosshafte Transformation hinter mir haben, um anderen zu imponieren? Und ab wann bekomme ich überhaupt Zutritt in den Club der Aussichmacher? Fragen über Fragen, und nicht mal ein Preisgeld dafür in Sicht. Jetzt mal ehrlich. Wir spielen doch kein Vergleichs-Quartett. Man macht aus seinen Voraussetzungen das, was man in dem Moment für die beste Entscheidung hielt. Und mei, das man da auch mal auf die Fresse fliegt, gehört doch dazu. Ob ich Abi hab oder nur eine Ausbildung statt Studium: Das hält nicht davon ab, irgendwann einen Job zu finden, der glücklich macht oder ganz einfach mit sich selbst happy zu sein.
Bleibt alles anders
2009 gammelte das Wort Influencer noch irgendwo tief in Mordor. MySpace und Facebook battelten sich gerade noch, wer der größere Ehrenmann war. Ausgang ist ja bekannt. Und bei Bildern hat niemand dran gedacht, die typischen Verrenkungen und inszenierten Posen, die man da in Millionen Kopien sieht zu machen.
Was ich rückblickend auf jeden Fall weiß: 2009 war mir nicht klar, dass ich mit Schreiben (und kreativen Konzepten) später mal mein Geld verdienen möchte. Also, dass es was kreatives wird schon. Das war Ausschlussverfahren, Mathe und Handwerk wollten mir absolut keine Rose geben. 2009 wusste ich auch noch nicht, dass ich eineinhalb Jahre später meine Hood vom kleinen Bayreuth ins große München verlegen werde. Und der Vorstellung, meinen damaligen Barber Alben zu verlassen und ohne Haar-Pfleger in eine fremde Stadt zu ziehen, wollte ich auch gar nicht erst Gedankenspielraum geben.
Ein Foto aus der Zeit zu finden, war echt tricky. Aber es gab einen Erfolg. 2009 hat meine Tante geheiratet. Vom Buzzcut, den ich auf der Feier trug, hab ich mich aber kurz danach wieder scheiden lassen. Alle paar Wochen einen anderen Look – hat sich ja bis heute nicht geändert. Das Hemd besitze ich heute noch, an der Black&White-Vorliebe hat sich nichts geändert. Meine damalige große Liebe hat es aber nicht bis ins nächste Jahr geschafft – befreundet sind wir aber immer noch.
Ich weiß noch immer, was du aus dir gemacht hast
Und, gibt’s eine Rose von der Aus-sich-Macher-Jury? Ich finde, seinen persönlichen Stil zu finden, ist eine Entwicklung über einen längeren Zeitraum. Man probiert, verwirft, liebt, fliegt aufs Maul – und selbst jetzt, 10 Jahre später, probiere ich noch, gehe mal einen Step zurück, wiederhole. Und es macht Spaß. Klar hatte ich “Markus, was hast du dir dabei gedacht”-Momente. Und Frisuren für schlechte RTL2-Rückblicke. Aber ist halt alles auch einfach ein Zeugnis dieser Zeit. Und eine gute Portion Selbstironie ist für mich auch eine Stärke. Was man aus sich macht, muss man mit sich selbst ausmachen. Und was glücklich macht, liegt nicht in den Händen oder der Meinung anderer. Punkt. Was ich wohl in zehn Jahren denke, wenn ich zurück auf diesen Eintrag und die Bilder von 2019 blicke?